Kommentierte Spiele
Glanzpartien unbekannter Spieler (XXXVIII)
Vabanque - 16. Aug '16
Die Parallelen dieser Partie zur vorigen Folge der Reihe springen ins Auge; sie sind auch keineswegs zufällig, sondern von mir so beabsichtigt. Siegte dort ein arabischer Spieler gegen einen GM, so ist es hier ein Chinese, was zum Zeitpunkt der Partie (1978) noch
eine Sensation war (heute ist es an der Tagesordnung). Hatte ich in der vorigen Partie von der Überheblichkeit des Verlierers GM Lobron geschrieben, so kann man dies sicher noch in viel stärkerem Maße von dem holländischen GM Jan Hein Donner sagen, der hier dem Chinesen Liu Wenzhe unterliegt. Donners Äußerungen waren manchmal derart provozierend, dass man sie schon gar nicht mehr ernst nehmen kann. Nicht nur sprach er Frauen jegliche Fähigkeit auf schachlichem, künstlerischem und schriftstellerischem Gebiet ab, er attackierte auch seine Großmeisterkollegen aufs Schärfste. Zu seinen Landsmann GM Lodewijk Prins muss er ein besonders gespaltenes Verhältnis gehabt haben, denn von ihm schrieb er sogar, dass dieser nicht mal einen Läufer von einem Springer unterscheiden könne. Zur 'Strafe' ist Donner heute einer der Spieler, die im Bewusstsein der Öffentlichkeit kaum durch seine Gewinnpartien, sondern eigentlich nur durch brillant verlorene Partien haften geblieben sind - z.B. eben durch die folgende.
Gleichzeitig ist die Partie allerdings ein ebenso schönes wie schlagendes Beispiel für eine verfrühte Rochade (@Hasenrat).































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eine Sensation war (heute ist es an der Tagesordnung). Hatte ich in der vorigen Partie von der Überheblichkeit des Verlierers GM Lobron geschrieben, so kann man dies sicher noch in viel stärkerem Maße von dem holländischen GM Jan Hein Donner sagen, der hier dem Chinesen Liu Wenzhe unterliegt. Donners Äußerungen waren manchmal derart provozierend, dass man sie schon gar nicht mehr ernst nehmen kann. Nicht nur sprach er Frauen jegliche Fähigkeit auf schachlichem, künstlerischem und schriftstellerischem Gebiet ab, er attackierte auch seine Großmeisterkollegen aufs Schärfste. Zu seinen Landsmann GM Lodewijk Prins muss er ein besonders gespaltenes Verhältnis gehabt haben, denn von ihm schrieb er sogar, dass dieser nicht mal einen Läufer von einem Springer unterscheiden könne. Zur 'Strafe' ist Donner heute einer der Spieler, die im Bewusstsein der Öffentlichkeit kaum durch seine Gewinnpartien, sondern eigentlich nur durch brillant verlorene Partien haften geblieben sind - z.B. eben durch die folgende.
Gleichzeitig ist die Partie allerdings ein ebenso schönes wie schlagendes Beispiel für eine verfrühte Rochade (@Hasenrat).
Liu Wenzhe Jan Hein Donner Buenos Aires | OL | 1978 | B07 | 1:0
8








7








6
5
4
3
2








a
1

b

c

d

e

f

g

h

1. e4 d6 2. d4 Sf6 3. Sc3 g6 4. Le2 Lg7 5. g4 Der Chinese, der damals wohl keine bis wenig Eröffnungstheorie konnte (später wurde er ein starker IM und Schachtrainer), spielt ganz unbefangenes 'Vorwärtsschach.' h6 Ob das zur Verhinderung von g5 nötig war? Schwarz verschafft dem Weißen damit eine Angriffsmarke zur späteren Linienöffnung. 6. h3 c5 7. d5 O-O? Klassischer Fall einer verfrühten Rochade. Wie man gleich erleben wird, rochiert Schwarz in einen Wirbelsturm hinein. 8. h4 e6 9. g5 xg5 10. xg5 Se8 Verstellt auch noch den Turm, der nach dem Auftauchen zweier weißer Schwerfiguren auf der h-Linie doch nach e8 ausweichen können muss, um dem schwarzen König das Fluchtfeld f8 zu verschaffen. Besser, wenn auch kaum ausreichend, war Sh7. 11. Dd3 xd5? Verhindert zwar Dh3, befördert aber den weißen Springer zum Angriff. Sc7 nebst Te8 war angezeigt. 12. Sxd5 Sc6? Die letzte Chance bestand in Sc7. 13. Dg3 Le6 Ich höre jetzt auf, Fragezeichen zu verteilen, denn eine Rettung gab es sowieso nicht mehr. Der Textzug ermöglicht Weiß den denkbar schönsten Schluss. 14. Dh4 f5 Gegen die Mattdrohung auf h7 gibt es nur den Aufzug des f-Bauern. Auf f6 erfolgt genau dieselbe Mattkombination. 15. Dh7+ Kf7 16. Dxg6+!! Sehr hübsch und vor allem mit einer Finesse im 19. Zug. Kxg6 17. Lh5+ Kh7 18. Lf7+ Lh6 Und nun nicht etwa 19. Txh6?? Kg7 und Schwarz gewinnt, worauf Donner wohl noch hoffte, sondern ... 19. g6+! Die Pointe der ganzen Kombination, die im 16. Zug gar nicht so leicht zu sehen war. Kg7 20. Lxh6+ und Schwarz gab auf, weil auf Kh8 21. Lxf8+ nebst Matt folgt. Viel Figurenentwicklung war hier nicht nötig, um gleich zum Mattangriff zu kommen.
Sam0907 - 16. Aug '16
Eine sehr schöne Partie. Das bestätigt mein Post bei der vorherigen Partie Kasparov-Ivantschuk. Schwarz rochiert früh und Weiß stößt einfach mit seinen h-Bauern vor und läßt seinen Turm auf der h-Linie. Eine ganz schwache Leistung des Niederländers.
Vabanque - 16. Aug '16
Richtig. Aber solche Partien von Donner gibt es serienweise, z.B. auch gegen Unzicker in 20 Zügen, oder gegen Hort, wo er seinen Lg7 freiwillig einkerkerte ... vielleicht lehne ich mich da jetzt zu weit aus dem Fenster, aber bei keinem GM frage ich mich so sehr, wie er diesen Titel hatte erwerben können wie bei Donner ... und keiner hatte eine größere Klappe als er, vielleicht ausgenommen Fischer oder Kasparov, aber denen sieht man die kessen Sprüche irgendwie eher nach ;)
Hasenrat - 16. Aug '16
Er hatte also quasi einen Ruf wie Donnerhall ... ;-)
Vabanque - 16. Aug '16
@Hasenrat: Von dir hätte ich jetzt eher einen 'rochademäßigen' Kommentar erwartet :)
Hasenrat - 16. Aug '16
Ein Kalauer kommt im Unterschied zur Rochade nie zur Unzeit - es sei denn er wär schlecht oder unpassend.
:-)
:-)
Kellerdrache - 16. Aug '16
Es ist erstaunlich, dass die beiden GMS in dieser und der letzten Partie den Fehler machen Eröffnungen zu spielen die es dem Amateur erlauben auch ohne grosse Eröffnungskentnisse zu überleben.
Die Rochad ist natürlich ein strategischer Patzer. Weiß hatte ja seinen Angriff bereits begonnen,während Donner noch kein Gegenspieler aufgebaut hatte. DasSpiel erinnert ein wenig an den Keres-Angriff. In der hier gezeigten Partie Karpov gegen Hort demonstriert Hort ein besseres Verständnis als Donner, obwohl auch er verlor? Die
Die Rochad ist natürlich ein strategischer Patzer. Weiß hatte ja seinen Angriff bereits begonnen,während Donner noch kein Gegenspieler aufgebaut hatte. DasSpiel erinnert ein wenig an den Keres-Angriff. In der hier gezeigten Partie Karpov gegen Hort demonstriert Hort ein besseres Verständnis als Donner, obwohl auch er verlor? Die
Vabanque - 16. Aug '16
Ist dein letzter Beitrag abgeschnitten?
Kellerdrache - 17. Aug '16
Ja, aber der Rest war nicht wichtig.Mein Handy hat manchmal seine eigenen Ideen und frisst was ihm nicht gefällt?
Vabanque - 17. Aug '16
Ah ja, deswegen auch die vielen Tippfehler.
Bei mir hat mein Handy mal einen völlig anderen, und auch noch total sinnlosen Zug gespielt, als ich eingegeben hatte.
Bei mir hat mein Handy mal einen völlig anderen, und auch noch total sinnlosen Zug gespielt, als ich eingegeben hatte.