Kommentierte Spiele

Karjakin - Carlsen 2016 (7. WM-Partie)

Vabanque - 21. Nov '16
In der 7. Begegnung stand zum ersten Mal ein Damengambit auf dem Plan. Aber bereits die Eröffnungszüge verrieten beiderseits wenig Ehrgeiz. Mit 16... Tc8 wäre der Weltmeister dann noch fast gestrauchelt; hatte er Karjakins kleine Tauschkombination (beginnend mit 17. Sf6+) übersehen? Schließlich entschloss sich Carlsen, mit 19... Lf6 lieber einen Bauern zu geben, statt mit 19... Dxd1 nebst Tb8 in ein positionell schlechteres Endspiel überzugehen, in dem Weiß die d-Linie beherrscht hätte. Die Partiefortsetzung zeigte, das der Weltmeister die Lage korrekt eingeschätzt hatte; in dem enstandenen Endspiel mit Türmen und ungleichen Läufern gab es trotz des Mehrbauern für Karjakin keine Gewinnchance.

PGN anzeigen[Event "Carlsen - Karjakin World Championship"]
[Site "0:21:33-1:04:33"]
[Date "2016.11.20"]
[EventDate "2016.11.11"]
[Round "7"]
[Result "1/2-1/2"]
[White "Sergey Karjakin"]
[Black "Magnus Carlsen"]
[ECO "D10"]
[WhiteElo "?"]
[BlackElo "?"]
[PlyCount "66"]

1.d4 d5 2.c4 c6 3.Nc3 Nf6 4.e3 a6 5.Bd3 dxc4 6.Bxc4 e6 7.Nf3
c5 8.O-O b5 9.Be2 Bb7 10.dxc5 Nc6 11.Nd2 Bxc5 12.Nde4 Nxe4
13.Nxe4 Be7 14.b3 Nb4 15.Bf3 O-O 16.Ba3 Rc8 17.Nf6+ Bxf6
18.Bxb7 Bxa1 19.Bxb4 Bf6 20.Bxf8 Qxd1 21.Rxd1 Rxf8 22.Bxa6 b4
23.Rc1 g6 24.Rc2 Ra8 25.Bd3 Rd8 26.Be2 Kf8 27.Kf1 Ra8 28.Bc4
Rc8 29.Ke2 Ke7 30.f4 h6 31.Kf3 Rc7 32.g4 g5 33.Ke4 Rc8 1/2-1/2

8
7
6
5
4
3
2
a
1
b
c
d
e
f
g
h
PGN anzeigen
Error:
Expected "O-O", "O-O-O", "x", "{", [ \t\r\n], [RNBQK], [a-h] or integer but "<" found.
Kellerdrache - 21. Nov '16
Bei den letzten beiden Partien habe ich den Eindruck als gönnten sich die beiden ein Ruhepause. Doch vielleicht ist es auch nur Wunschdenken - die Hoffnung auf einen beeindruckenden Schlußspurt.
Bisher bin ich von beiden Protagonisten enttäuscht. Dabei habe ich nie taktische Gewitter und kompromisslose Angriffe erwartet. Das entspricht weder Carlsens noch Karjakins Stil. Aber auch positionell kann man auf Gewinn spielen, wie Karpov, Smyslov, Petrosjan usw. über die Jahrzehnte bewiesen haben. Allerdings muss man dazu asymetrische Stellungen mit beiderseitigen Möglichkeiten zulassen oder sogar anstreben. Das haben Magnus und Sergei bisher nicht getan. Petrosjan oder Karpov, die über die Jahre immer wegen ihres Stils kritisiert wurden haben da deutlich aktiver gespielt.
Sicher ist das zu einem großen Teil Schuld des super-kurzen WM-Modus, aber die beiden spielen hier doch auch nicht um das 100.Los bei der Weihnachtstombola. Vor allem von Karjakin erwarte ich mehr Wagemut und den Willen nicht nur Carlsens Spiel mitzuspielen sondern selbst das Heft in die Hand zu nehmen.
Vabanque - 21. Nov '16
>>Aber auch positionell kann man auf Gewinn spielen, wie Karpov, Smyslov, Petrosjan usw. über die Jahrzehnte bewiesen haben. Allerdings muss man dazu asymetrische Stellungen mit beiderseitigen Möglichkeiten zulassen oder sogar anstreben.<<

Genau da liegt der Hase im Pfeffer. In dem gegenwärtigen Wettkampf entstehen immer ziemlich schnell aus der Eröffnung heraus schon symmetrische Bauernstrukturen.
Ich habe ja immer beklagt, dass ich mit Karpov nicht so viel anfangen könne. Aber vor dem Hintergrund des aktuellen WM-Matchs erscheinen mir Karpovs Partien geradezu vibrierend vor Spannung!
alms - 21. Nov '16
Karjakin hat tatsächlich noch keinen einzigen Gewinnversuch unternommen und baut wahrscheinlich darauf, dass Carlsen mal einen Patzer einstreut. Hätte gestern fast geklappt.

Ich bin ja auch Fan der Wettkämpfe Karpow vs. Kasparow, aber bei aller Liebe: Da waren auch eine menge eher lebloser Partien dabei...

Hinzu kommt, dass durch die Rechner komplizierte Eröffnungsvarianten entweder bis zum Remis ausanalysiert sind (das war das Marshallgamit neulich) oder einfach nicht mehr gespielt werden, wenn sie für eine Seite schlecht sind. In den 1980ern musste das alles noch am Brett gefunden werden.
Kellerdrache - 21. Nov '16
Der Marshallangriff den die Herren gespielt haben war aber, vor allem von Karjakins Seite, die kastrierte Version. Man könnte also Carlsen zu Gute halten, dass er es wenigstens mal versucht hat.
Auch heute gibt es noch genug zweischneidige Abspiele die nicht bis zum Remis oder zwingendem Nachteil für eine Seite ausanalysiert sind. Sonst würden ja alle Spiele zwischen den oberen 10 Remis ausgehen. Sowohl Carlsen als auch Karjakin haben, auch gegen Top-Gegner (!!), schon deutlich aktiver gespielt.
Du hast Recht, dass auch in früheren WM-Kämpfen eine Menge uninteressanter Remis gespielt wurde. Der Unterschied ist, dass es dazwischen immer noch genug Highlights gab. Ich und vermutlich die meisten Schachfreunde werden C und K ihre bisherigen Schlaftabletten gerne verzeihen, wenn jetzt die Hammerpartien kommen.