Kommentierte Spiele

Tja, es gibt mich noch ... momentan mit wenig Zeit und Energie, aber es kann ja nur besser werden ;)

Also: Bevor ich die Reihe 'Große Partien der Schachgeschichte' zu Ende führe, folgt hier zwischendrin erstmal eher leichte Sommerkost.

Alexei Shestoperov (1935-2011) war ein russischer IM, der den IM-Titel erst sehr spät (nämlich im Alter von 68 Jahren) verliehen bekam. Den folgenden effektvollen Opferangriff spielte er allerdings in seiner Jugend, in einem Halbfinale der Meisterschaft der Russischen Republik 1955.

Die Partie ist insofern höchst bemerkenswert, als sie 17 Züge lang anscheinend absolut ruhig und positionell verläuft, worauf Weiß aber plötzlich innerhalb von wenigen Zügen die Exekution vollführt, elegant und nahezu schmerzlos.

PGN anzeigen[Event "Ch Of The Russian Republic, Semi-final"]
[Site "USSR"]
[Date "1955.??.??"]
[EventDate "?"]
[Round "?"]
[Result "1-0"]
[White "Alexei Shestoperov"]
[Black "Serzhanov"]


1. d4 d5 2. c4 c6 3.

Nf3 Nf6 4. Nc3 e6 5. Bg5 Be7 6. e3 Nbd7 7. Bd3 O-O 8. O-O
a6 {Im Damengambit hat Schwarz stets das Problem der Entwicklung seines weißfeldrigen Läufers zu lösen. Mit diesem Zug

leitet er einen Plan ein, den Lc8 nach dxc4 und b7-b5 (und eventuellem c7-c5) wirksam nach b7 zu entwickeln. In

vorliegender Partie setzt Schwarz seinen Plan durch, verliert damit aber Zeit und vernachlässigt seinen Königsflügel.} 9.

Qe2 dxc4 10. Bxc4 b5 11. Bd3 c5 12. Rad1 Qc7 {Die Dame weicht dem Gegenüber des weißen Turms aus, steht aber auf c7 nicht

sehr günstig, wie der folgende Zug von Weiß sofort klarlegt.} 13. Bf4 Qa7 {Mehr und mehr entfernen sich die schwarzen

Figuren vom Königsflügel.} 14. Ne5 Bb7 15.
Bb1 {Wohl mit der eventuellen Absicht gespielt, die Dame nach c2 oder d3 zu führen, um eine Dame-Läufer-Baterie gegen h7

aufzubauen.} Nb6? {Diese Abkehr einer weiteren schwarzen Figur ist ganz sicher schlecht.} 16. dxc5 Bxc5 17. Bg5 Nbd5?

{Sieht optisch zunächst noch gut aus, scheitert aber sofort takisch. Nur mit Le7 war noch Widerstand zu leisten.

Allerdings sieht darauf Sg4 ziemlich unangenehm aus.} 18. Nxd5! {Jetzt kann Schwarz nicht exd5 spielen wegen 19. Lxf6 gxf6

20. Dg4+ Kh8 21. Dh5 f5 (das Einzige gegen das drohende Matt auf h7) 22. Txd5! exd5 23. Lxf5 f6 24. Sd7, und das Matt auf

h7 wird doch traurige Wirklichkeit (außer Schwarz gibt die Dame).} Nxd5 19. Nd7 Rfc8 {So vermeidet Schwarz gerade noch

Materialverlust, verliert aber dafür seinen - König! Das folgende dreifache Opfer dürfte in der Schachliteratur einzig

dastehen.} 20. Rxd5!! {Um die Deckung von f6 zu beseitigen, wie man gleich sehen wird.} Bxd5 {Auf exd5 würde die gleiche

Fortsetzung wie in der Partie folgen.} 21.
Bxh7+! Kxh7 {Schwarz kann nicht mit Kh8 dankend ablehnen wegen Dh5.} 22. Nf6+! {Und schon ist alles aus, denn auf gxf6

folgt 23. Dh5+ Kg7 24. Dh6+ Kg8 25. Lf6 mit unverhinderbarem Matt, und auch 22... Kg6 hilft nicht wegen 23. Dh5+ Kf5 24.

Lh4+ nebst Matt. Schwarz gab auf. Erstaunlich, wie schnell die weißen Figuren zu tödlicher Aktivität gelangt sind, während die schwarzen als toter Ballast am Damenflügel herumstehen.} 1-0

Oh Mann, dieser Schreibfehlerteufel!

In der Anmerkung zu Zug 18 muss es heißen: 'Jetzt kann Schwarz nicht Lxd5 spielen wegen ... '

Wieso "die Reihe [GroPaScha] zu Ende führe"?

Sie war auf 3 bis 4 Dutzend angelegt. Das erste Dutzend war den großen Spielern der Gegenwart gewidmet, das 2. Dutzend der zweiten Hälfte des 20. Jh., das 3. Dutzend (das bis auf 2 Partien voll ist) der ersten Hälfte des 20. Jh., ein eventuelles 4. Dutzend hatte ich für Partien des 19. Jh. reserviert, aber das hatte ich offen gelassen. Irgendwo hatte ich das alles mal geschrieben, aber ich müsste meinen eigenen Beitrag jetzt wieder raussuchen.

Aber keine Angst: Für dich (und andere!) bringe auch noch mindestens eine Partie von Spielmann und eine von Schlechter!

Und die 'Glanzparten unbekannter Spieler' erscheinen ja weiter in ganz loser Folge!

Aha, gut zu wissen! :-)

Es ist aber wirklich ein Elend, dass man als Mobilversionspieler (der ich zunehmend bin irgendwie) um den Genuss des Nachspielens gebracht wird (das unschön beschnittene Brett ist da ja bekannt).

"Und die 'Glanzparten unbekannter Spieler' erscheinen ja weiter in ganz loser Folge!" - hab da erst "in glanzloser Folge" gelesen ...:-D

Ja, ich hab auch das Problem. Aber man kann zur Desktop-Version wechseln, sein Smartphone quer stellen und dann mit dünnem Finger weiterblättern. Nicht ganz so elegant wie beim Desktop aber besser als nix ;-)

Danke an Vabanque für seine Super-Reihe mit der Ganzlosen Glanzvollen Auflockerung...

Grüße cutter

Ha, das ist ja direkt eine Idee für eine neue Reihe: 'Glanzlose Partien' :))

Aber wie diese glanzlosen Partien wohl aussehen mögen?

Ja, "mit dünnem Finger", da bin ich wohl touchscreenmotorisch der Richtige für - bzw. mein Browser ... :-D

Glanzlose Partien? Mal Hänschen Hase oder Gundula Gans, Lieschen Müller fragen.
Vierspringerspiel, Totalabtausch in einem Aufwasch, Remis machen ohne sich zu übersäuern, fertig ist das Mattlackspiel. Aber auch das kann seine Reize haben! Das weiß ich. ;-)

Das funktioniert, glaube ich, alles nur, wenn der Gegner mitmacht ;)

Ja, hab es jetzt erstmals so ausprobiert, stimmt, das geht eigentl. ganz gut! Und zwar am besten, wenn ich die Züge im Kommentar antippe, nicht über die Steuerzeichen unterm Brett. Dann verirrt sich der Blick auch nicht so schnell innerhalb des Kommentarfeldes.
Danke für den Hinweis.