Kommentierte Spiele
Wie spielt man Gambit ? Nr.2
Kellerdrache - 23. Dez '15
Sozusagen als kleines Weihnachtsgeschenk kommt hier die zweite Partie der Gambitreihe. Starker Tobak von einem der letzten Schachromantiker, der genau zeigt wie Gambit gespielt werden muß. Da der Entwicklungs- und Raumvorteil den man gegen ein Materialopfer eintauscht nicht dauerhaft ist darf der Angriff auf gar keinen Fall ins Stocken geraten.
Es war für mich interessant zu sehen, dass Tschigorin über weite Teile der Partie gar nicht mit einer Figur weniger spielt. Dawidow hat zwar einen Springer mehr, dafür aber einen völlig toten Läufer auf c8. Eine Figur die nicht am Spiel teilnimmt ist fast so schwach wie eine die nicht mehr auf dem Brett ist ;-)).
Am Ende der Partie hat der Sieger dann neben einer nicht mehr vorhandenen Rochadestellung einen Turm, eine Figur und einen Bauer weniger. In diesem Sinne wünsche ich euch frohe Weihnachten und viele schachliche Geschenke.































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Es war für mich interessant zu sehen, dass Tschigorin über weite Teile der Partie gar nicht mit einer Figur weniger spielt. Dawidow hat zwar einen Springer mehr, dafür aber einen völlig toten Läufer auf c8. Eine Figur die nicht am Spiel teilnimmt ist fast so schwach wie eine die nicht mehr auf dem Brett ist ;-)).
Am Ende der Partie hat der Sieger dann neben einer nicht mehr vorhandenen Rochadestellung einen Turm, eine Figur und einen Bauer weniger. In diesem Sinne wünsche ich euch frohe Weihnachten und viele schachliche Geschenke.
Tschigorin, Michael Dawidow 1874 | C37 | 1:0
8








7








6
5
4
3
2








a
1

b

c

d

e

f

g

h

1. e4 e5 2. f4 Das Königsgambit. Weiß opfert einen Flügelbauern um den schwarzen Zentrumseinfluß zu schwächen. Allerdings steht der Bauer auf f4 auch vorerst dem Angriff auf f7 im Weg xf4 3. Sf3 Es gibt auch die Varianten oder besser gesagt ganze Variantenbäume mit 3.Lc4, 3.Sc3 oder 3.Df3 aber die Sf3-Varianten sind nach heutigem Stand der Forschung am vielversprechensten. g5 4. Lc4 Viel häufiger spielt man heute Varianten die mit 4.h4 fortsetzen. Das greift den g5 sofort an und verhindert Damenausfälle nach h4. Das alles ohne weiteres Material ins Geschäft zu stecken g4 5. O-O Das ist für den modernen Schachspieler schon eine heftige Herausforderung. Man ist schon nervös weil man ja eine ganze Partie mit Minusbauer spielen muß und der irre Russe aus dem 19.Jahrhundert wirft im 5.Zug direkt noch eine Figur hinterher. Die Kompensation ist aber auch nicht ohne. Weiß ist klar besser entwickelt, hat seinen König in Sicherheit und das Zentrum unter Kontrolle. Die Wagemutigen spielen auch heute noch so. Shirov hat in seiner Jugend eine hübsche Partie mit diesem Gambit gewonnen. xf3 6. Dxf3 Df6 Gilt als die bester Erwiderung. Fällt der f4 und die Damen bleiben auf dem Brett wird es sehr unangenehm für Schwarz. 7. e5 öffnet eine weitere Linie auf den König Dxe5 8. d3 Alternativ gibt es hier noch die Fortsetzung mit einem zweiten Figurenopfer Lxf7+, aber ich will den Kreislauf der Leser nicht zu sehr belasten Lh6 9. Sc3 Se7 gegen Sd5 gerichtet wonach der f4 dann wohl doch fallen würde 10. Ld2 Jetzt drohen die Türme auch noch in den Angriff einzusteigen. Nach Se7 droht zwar kein Spieß von Dame und König mehr, doch der Springer selber ist auch anfällig. Der folgende Zug dient hier der Deckung. Sbc6 11. Tae1 Df5 12. Sd5 Jetzt geht Sd5 doch, da der Se7 gefesselt ist. Es droht sowohl Sxf4 als auch Sc7+ Kd8 13. Lc3 Tschigorin interessiert sich nicht für den Rückgewinn eines Bauern, sonder versucht den Druck zu erhöhen. Er greift nicht nur den Turm auf h8 an sondern träumt auch vom Feld f6 für seinen Läufer. Te8 14. Lf6 Naheliegend! damit ist der Springer wieder gefesselt. Dawidow macht sich daher sofort an dessen Beseitigung Lg5 Wie kann Weiß hier den Angriff verstärken? Die von mir gesehenen Fortsetzungen führen alle zur Verflachung und durch die Minusfigur dann vermutlich auch zum Verlust. Wer Tschigorins Zug findet und seine Folgen durchgerechnet hat darf sich selbst auf die Schultern klopfen. 15. g4! Das muss man erstmal finden. Der alte Meister hat verstanden, dass es hier nur weiter geht wenn der f4 fällt und zwar ohne Damentausch ! Zu diesem Zweck geht er jedes Risiko ein Dg6 16. Lxg5 Dxg5 17. h4 Damit der f-Ba uer fällt wird auch die eigene Königsfestung aufgelöst. Gambit kann man nur kompromisslos spielen. Dxh4 18. Dxf4 Es droht Dxc7 matt d6 19. Sf6 Se5 Das sieht wie ein starker Zug aus! Der weiße g-Bauer droht zu fallen, der scharze f7 wird gedeckt und man kann bei Bedarf den Lc4raustauschen 20. Txe5 Nur keine Vereinfachungen zulassen. Allerdings fällt nach Dxe5 dch auch noch der Lg4 und wie soll der Angriff dann weitergehen? xe5 21. Dxe5 Lxg4 22. Dd4+ Kc8 23. Le6+! Sehr schön ! Lxe6 verliert nach Dxh4 die Dame. Nimmt der Bauer kommt ein Matt wie in der vorherigen Anmerkung. Dawidow nimmt gar nicht, geht aber auch den Bach runter Kb8 24. Sd7+ Kc8 25. Sc5+ Kb8 Remis durch Dauerschach hätten wir schon mal, aber es geht noch besser. 26. Sa6+ xa6 27. Db4#
Vabanque - 23. Dez '15
Ja, so spielt man Gambit!
Tschigorin war wirklich ein Gambitkünstler - mit einem anderen Gambit, nämlich dem Evansgambit besiegte er sogar Steinitz mehrfach in glänzendem Stil.
Die obige Partie kannte ich gar nicht - und ich kenne wirklich viele dieser alten Partien.
Es ist aber so, dass man solche Partien nicht nachmachen kann - denn die überwiegende Mehrzahl von uns hätte 15. g4 nicht gefunden und dann wohl verloren.
Wenn wir solche Eröffnungen spielen, erreichen wird vielleicht sogar wirklich schöne Angriffsstellungen, können sie dann aber nicht umsetzen, weil wir im entscheidenden Moment die einzige gute Fortsetzung nicht sehen. Das ist dann natürlich ärgerlich, wenn man immer meint, es müsste doch was drin sein (und das stimmt dann auch), aber man findet es nicht.
Tschigorin war wirklich ein Gambitkünstler - mit einem anderen Gambit, nämlich dem Evansgambit besiegte er sogar Steinitz mehrfach in glänzendem Stil.
Die obige Partie kannte ich gar nicht - und ich kenne wirklich viele dieser alten Partien.
Es ist aber so, dass man solche Partien nicht nachmachen kann - denn die überwiegende Mehrzahl von uns hätte 15. g4 nicht gefunden und dann wohl verloren.
Wenn wir solche Eröffnungen spielen, erreichen wird vielleicht sogar wirklich schöne Angriffsstellungen, können sie dann aber nicht umsetzen, weil wir im entscheidenden Moment die einzige gute Fortsetzung nicht sehen. Das ist dann natürlich ärgerlich, wenn man immer meint, es müsste doch was drin sein (und das stimmt dann auch), aber man findet es nicht.
Kellerdrache - 24. Dez '15
Selbst wenn man g4 findet gehört schon viel Mut dazu seine komplette Königsfestung herzugeben. Man macht sich immerhin ja auch selbst sehr angreifbar. Sollte Schwarz irgendwann einmal den Finger an den Drücker bekommen steht man völlig im Hemd da. Dieses Spielen auf des Messers Schneide ist für einen modernen Profi, der ja von seinen Preisgeldern leben will, einfach nicht ratsam. Für einen Amateur der den Nervenkitzel liebt und der auch einen Verlust in einer aufregenden Partie mal verkraften kann werden Königsgambit und Konsorten immer zur Wahl stehn.