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So spielt man mit 14 Jahren Schach

pirc_ - 21. Jul '16
Die nachfolgende Partie fand im Jahre 2010 beim Mitropa Cup, einem Länderkampf für Nationalmannschaften, statt. Richard Rapport, ein ungarischer Nachwuchsspieler, war zu diesem Zeitpunkt 14 Jahre alt und wurde kurz vorher mit 13 Jahren seinerzeit jüngster GM der Geschichte. Den Titel jüngster GM verlor er kurz später an GM Illya Nyzhnyk. Sein Gegner in dieser Partie war auch kein Patzer. Niclas Huschenbeth wurde immerhin in dem Jahr deutscher Meister.
GM Rapport hat mittlerweile eine Elo von etwa 2750 und gehört zur erweiterten Weltspitze. Ich wurde durch einen Sf von dieser Seite auf ihn aufmerksam, da einige sehr schöne dieser Angriffspartien zu seinem Repartier zählen. Eine solche Partie, wie diese hier mit 14 Jahren zu spielen fand ich einfach sehr bemerkenswert, deswegen hab ich sie mal hier rein gestellt.


Rapport, Richard Huschenbeth, Niclas Mitropa Cup 2010 | 2010 | D24 | 1:0
8
7
6
5
4
3
2
a
1
b
c
d
e
f
g
h
1. d4 ich habe ja schon erwähnt, dass an dieser Stelle e4 sicher besser ist d5 2. Sf3 Sf6 3. c4 xc4 angenommenes Damengambit, eine Eröffnung zu der ich nicht viel sagen kann, weil ich so etwas selbst nie gespielt habe 4. Sc3 a6 5. e4 b5 6. e5 Sd5 7. a4 Lb7 8. e6 xe6 9. Le2 wir scheinen uns immer noch in der Theorie zu befinden, da ich hier noch Züge in der Datenbank gefunden habe, wobei Se4 oder Sg5 als besser angesehen werden. Die Eröffnung nennt sich Bogoljubow Verteidigung, für die Kenner unter den geneigten Lesern. Ich habe keine weiteren Anmerkungen zu dieser Eröffnung gemacht, da ich vollkommen ahnungslos wäre, wenn ich so etwas auf dem Brett hätte Sxc3 10. xc3 Dd5 droht Dxg2, was man aus dem Bauch heraus mit O-O verhindern könnte, und, wie ich finde,mit gar nicht so unangenehmen Spiel für Rapport fortsetzten kann 11. Sg5 Rapport hat andere Pläne und gibt den Bauern auf g2, langes Geschiebe scheint nicht sein Stil zu sein Dxg2 12. Tf1 Sd7 den h-Bauern zu nehmen wäre wohl zuviel des Guten, da der schwarze König doch sehr exponiert steht 13. Sxe6 Tc8 14. xb5 Linien schaffen, ohne Waffen oder so...Rapport hat natürlich eine schöne Turmlinie hier xb5 15. Ta7 und setzt den Turm auch direkt in Szene mit dem Angriff auf den schwarzen Läufer Dc6 die Dame eilt zurück ins Geschehen 16. Lg4 Rapport spielt weiter auf den König, immerhin hat er ja schon 2 Bauern investiert Db6 ich fand diesen Zug gut, da der Turm befragt wird und sicher wegziehen muss. Aber ich bin ja nur ein mittelmäßiger Spieler und habe deswegen natürlich nicht gesehen, dass dies der Verliererzug war. Sf6 zur Befragung und Vertreibung des Lg4 war an dieser Stelle das beste. Der Läufer wird Huschenbeth noch sehr ärgern 17. Sc5 Boah...da lässt er einfach den Turm stehen...zwinker Dxa7 und schwarz nimmt ihn dankbar...2 Bauern und ein Turm mehr sollte doch reichen gegen den kleinen Jungen 18. Lxd7 aber nun kommt der böse Gegenschlag von Rapport Kd8 19. Dh5 droht De8 matt g6 vertreibt die Dame und verhindert das matt...vorerst 20. Lxb5 man kann die Dame natürlich auch einfach stehen lassen, wenn man mit Se6 ein schönes matt hat c6 also schafft sich schwarz ein Fluchtfeld 21. Dd5 Der Gewinnerzug!! cxD geht nicht, weil dann Se6 matt kommt. Also muss der König aus dem Schach gehen, aber egal wohin er wandert, es wird matt. Am längsten kann er sich noch mit Kc7, Lf4+, Kb6, Sd7+ etc halten...aber auch hier wird es mit matt enden
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[Event "Mitropa Cup 2010"]
[Date "2010"]
[White "Rapport, Richard"]
[Black "Huschenbeth, Niclas"]
[Opening " Queen's Gambit Accepted: Bogoljubow Defense "]
[ECO "D24"]
[Result "1-0"]

1. d4{ich habe ja schon erwähnt, dass an dieser Stelle e4 sicher besser ist} d5 2. Nf3 Nf6 3. c4 dxc4{angenommenes Damengambit, eine Eröffnung zu der ich nicht viel sagen kann, weil ich so etwas selbst nie gespielt habe} 4. Nc3 a6 5. e4 b5 6. e5 Nd5 7. a4 Bb7 8. e6 fxe6 9. Be2{wir scheinen uns immer noch in der Theorie zu befinden, da ich hier noch Züge in der Datenbank gefunden habe, wobei Se4 oder Sg5 als besser angesehen werden. Die Eröffnung nennt sich Bogoljubow Verteidigung, für die Kenner unter den geneigten Lesern. Ich habe keine weiteren Anmerkungen zu dieser Eröffnung gemacht, da ich vollkommen ahnungslos wäre, wenn ich so etwas auf dem Brett hätte} Nxc3 10. bxc3 Qd5{droht Dxg2, was man aus dem Bauch heraus mit 0-0 verhindern könnte, und, wie ich finde,mit gar nicht so unangenehmen Spiel für Rapport fortsetzten kann} 11. Ng5{Rapport hat andere Pläne und gibt den Bauern auf g2, langes Geschiebe scheint nicht sein Stil zu sein} Qxg2 12. Rf1 Nd7{den h-Bauern zu nehmen wäre wohl zuviel des Guten, da der schwarze König doch sehr exponiert steht} 13. Nxe6 Rc8 14. axb5{Linien schaffen, ohne Waffen oder so...Rapport hat natürlich eine schöne Turmlinie hier} axb5 15. Ra7{und setzt den Turm auch direkt in Szene mit dem Angriff auf den schwarzen Läufer} Qc6{die Dame eilt zurück ins Geschehen} 16. Bg4{Rapport spielt weiter auf den König, immerhin hat er ja schon 2 Bauern investiert} Qb6{ich fand diesen Zug gut, da der Turm befragt wird und sicher wegziehen muss. Aber ich bin ja nur ein mittelmäßiger Spieler und habe deswegen natürlich nicht gesehen, dass dies der Verliererzug war. Sf6 zur Befragung und Vertreibung des Lg4 war an dieser Stelle das beste. Der Läufer wird Huschenbeth noch sehr ärgern} 17. Nc5{Boah...da lässt er einfach den Turm stehen...zwinker} Qxa7{und schwarz nimmt ihn dankbar...2 Bauern und ein Turm mehr sollte doch reichen gegen den kleinen Jungen} 18. Bxd7{aber nun kommt der böse Gegenschlag von Rapport} Kd8 19. Qh5{droht De8 matt} g6{vertreibt die Dame und verhindert das matt...vorerst} 20. Bxb5{man kann die Dame natürlich auch einfach stehen lassen, wenn man mit Se6 ein schönes matt hat} c6{also schafft sich schwarz ein Fluchtfeld} 21. Qd5{Der Gewinnerzug!! cxD geht nicht, weil dann Se6 matt kommt. Also muss der König aus dem Schach gehen, aber egal wohin er wandert, es wird matt. Am längsten kann er sich noch mit Kc7, Lf4+, Kb6, Sd7+ etc halten...aber auch hier wird es mit matt enden}

Vabanque - 21. Jul '16
Die Damenopfer 20. Lxb5!! und 21. Dxd5! sind natürlich in der Tat sehr schön!

Nach 21... Ke8 sehe ich allerdings kein Matt: 22. Dd7+ Kf7 23. Lxc4+ Kg7 (Kf6 24. De6+ Kg7 25. De5#) 24. Se6+ Kf7 und nun?
pirc_ - 21. Jul '16
bei deiner variante: nicht 24. Se6+ sondern De6!, dann wird es matt
Vabanque - 21. Jul '16
Stimmt. Diese stillen Züge sind immer am schwersten zu sehen.

24. De6 g5 (das einzige gegen Df7#) 25. De5+ Kg6 26. Dxg5#

Die Variante nach 21... Kc7 finde ich weniger schwierig, da alles mit Schachgebot läuft:

22. Lf4+ Kb6 23. Sd7+ (wie von dir schon angegeben) Ka5 24. Lxc6+ Ka6 25. Db5#
Vabanque - 21. Jul '16
Bemerkenswert ist auch, dass Weiß mit 11. Sg5 Dxg2 zulässt und dann ganz cool Tf1 zieht, was ja eigentlich eine üble Turmstellung ist. Aber er hat genügend andere Figuren im Spiel. Ich weiß natürlich nicht, wie weit das schon Theorie ist, da ich diese Variante auch nicht kenne (sie erinnert allerdings ziemlich stark an das Tolusch-Geller-Gambit
1.d4 d5 2.c4 c6 3.Sf3 Sf6 4.Sc3 dxc4 5.e4 b5 6.e5 Sd5 7. a4 e6 8.axb5Sxc3 9.bxc3 cxb5 10. Sg5. Als wesentlicher Unterschied zur obigen Partie geht hier der 'Nachtangriff' e5-e6 nicht.
pirc_ - 21. Jul '16
Wie gesagt, von der Eröffnung habe ich keine Ahnung, da ich selbst sowas nicht spiele und auch kein Bücher dazu habe. Ich bevorzuge auf 1. d4 nahezu immer Sf6 zu antworten. Ich habe das Spiel ausgewählt, weil ich hier die meisten Züge recht gut verstehe. Rapport hat einige solcher Spiele, die ich gerne hier rein gestellt hätte, die mir aber viel zu kompliziert sind, meint wo es sehr viele taktische Pläne gibt, dass ich sie als durchschnittlicher Spiele nicht verstehe.
Vabanque - 21. Jul '16
So geht es mir mit einer Reihe von Partien auch. Die schiebe ich immer auf, bis ich mal die Energie habe, da so weit einzudringen, dass ich sie verstehe und auch erklären kann.
birdsong - 21. Jul '16
Ich glaube der Fehler war 16.Db6, besser ist Sf6.
Vabanque - 21. Jul '16
Das hat pirc_ aber schon im Kommentar geschrieben ;)
Colorado77 - 21. Jul '16
Schöne Partie pirc_!
Sf6 rettet es wirklich, verhindert auch Dh5. Insofern verdient Db6 2 "?". Danach ist es rum.
Der Begriff Nachtangriff ist sehr schön, soviel ich weiss, stammt der von Kmoch. Häufig auch zu sehen in der Aljechinverteidigung.
Vabanque - 21. Jul '16
Ja, Kmoch prägte den Begriff, ich glaube in einem Kommentar zur Partie Spielmann-Walter, Trentschin Teplitz 1928. Hier im Caro-Kann. Bin dem selber auch schon mal in einer Turnierpartie zum Opfer gefallen :(