Kommentierte Spiele
Die Vergessenen (XII) Gligoric
Kellerdrache - 27. Mär '17
Der Serbe Svetozar Gligoric war nicht nur ein Turnierspieler mit unzähligen Erfolgen und selbst von den Besten als Gegner gefürchtet, er war auch ein bedeutender Theoretiker. Königsindisch wie es heute gespielt wird wäre ohne seine Beiträge nicht denkbar. Vermutlich könnte man die Eröffnung allein aus dem Nachspielen seiner Partien lernen.
Er war dabei aber auch einer der angenehmsten Zeitgenossen des damaligen Schachs. Freundlich und höflich gegenüber jedermann. Feindseliges Verhalten gegen andere Spieler gab es bei ihm nicht, er spielte gegen Figuren nicht gegen den Menschen der sie führte. Unser Beispiel ist eine seiner bekanntesten Partien sowie eine der schönsten Niederlagen Petrosjans.































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Er war dabei aber auch einer der angenehmsten Zeitgenossen des damaligen Schachs. Freundlich und höflich gegenüber jedermann. Feindseliges Verhalten gegen andere Spieler gab es bei ihm nicht, er spielte gegen Figuren nicht gegen den Menschen der sie führte. Unser Beispiel ist eine seiner bekanntesten Partien sowie eine der schönsten Niederlagen Petrosjans.
Tigran Vartanovich Petrosian Svetozar Gligoric Rovinj/Zagreb | 5 | 1970.04.16 | E97 | 0:1
8








7








6
5
4
3
2








a
1

b

c

d

e

f

g

h

1. d4 Sf6 2. c4 g6 3. Sc3 Lg7 4. e4 d6 5. Le2 O-O 6. Sf3 e5 7. O-O Sc6 8. d5 Se7 9. b4 Der armenische Torwart Petrosjan wahlt die aggressivste Variante um baldmöglichts den Damenflügel aufzurollen. Sonst übliche Zuge wie Sd7 sind dementsprechend wohl zu langsam. Sh5 10. Sd2 Greift zum einen mit Läufer und Dame den Springer auf h5 an. Zum anderen konnte der Springer nach dem weißen Bauernvorstoss c5 uber c4 Druck auf d6 machen. Sf4 11. a4 oder direkt Lf3 f5 12. Lf3 g5 Beide Seiten setzen jeweils ihre Bauernwalzen in Bewegung. Allerdings hat Schwarz hier direktere Angriffspunkte 13. xf5 Sxf5 14. g3 Vertreibt den vorwitzigen Springer und bereitet die Fiachettierung des weißfeldrigen Läufers vor Sd4 Ein sehr schönes positionelles Opfer. Schwarz gewinnt eine Figur, muss dazu aber seine Königsstellung öffnen. Das ist sicher nicht schön, aber für eine extra-Figur kann man schon mal etwas schwitzen, oder ? 15. xf4 Sxf3+ 16. Dxf3 g4 Vermutlich bin ich nicht der einzige Spieler der hier versucht war auf f4 zuruck zu nehmen. Entweder mit dem Turm um sofort die Dame anzugreifen oder mit einem der Bauern um in Folge auf die Konigsstellung zu marschieren. Gligoric greift die weiße Dame an und öffnet der eigenen Königin den Zugang zu h4
xf4 17. Sde4 g4 18. Dh1
17. Dh1 ein zweifelhafter Zug. Die Dame wird bald aus dem Spielgeschehen ausgeschlossen. xf4 öffnet die schwarzfeldrige Monsterdiagonale a1-h8 mit Tempo da man sich um den hängenden Sc3 kümmern muss 18. Lb2 Lf5 19. Tfe1 f3 einen Läufer, der keine Felder hat bezeichnet man gerne als 'Großbauer'. In diesem Sinne hat Gligoric seinem Gegner gerade einen Groß-Großbauern verschafft. Den Namen Dame verdient die Königin auf h1 nun wirklich nicht. 20. Sde4 ein gutes Feld für den Springer, der von dort aus auch f2 deckt Dh4 21. h3 Weiß will sich unbedingt befreien. Dafür ist er gerne bereit einen Bauern zu opfern. Nach dem Damentausch auf h3 ist die Königsstellung zwar luftig, aber haltbar. Le5 Nimmt Petrosjan das Feld h2 und verhindert damit effektiv hxg4 22. Te3 Jetzt verliert Weis auf h3 keinen Bauern mehr, da nach 22...Dxh3 23. Dxh3 gxh3 der Turm auf f3 zugreifen konnte. Aber Gligoric hat an Bauern ohnehin kein Interesse xh3 23. Dxf3 Lg4 ein nur kurzfristiges Gefühl der Freiheit für die weiße Dame, die keine Wahl hat als auf ihr ärmliches h1 zurück zu kehren 24. Dh1 h2+ 25. Kg2 Dh5 droht Unheil uber f3, also zieht Petrosjan seinen Springer zuruck um das Feld zu decken 26. Sd2 Ld4 interessiert sich mehr fur den Bauern auf f2 als den Turm 27. De1 Tae8 Statt gierig die Qualitat einzusammeln, die Petrosjan bereit war zu seiner Entlastung zu opfern erhoht Gligoric den Druck 28. Sce4 Weiß ist bereit seine Mehrfigur zurück zu geben um sich zu entlasten. Der Se4 unterbricht die e-Linie, so das sich der Turm wieder bewegen kann und deckt auch f2. Man konnte übrigens nicht den anderen Springer nehmen, den der muss ja f3 gedeckt halten Lxb2 29. Tg3 fesselt den Lg4. Das Nehmen auf a1 um die Qualitat zu gewinnen entlastet nur den Gegner und schafft sogar Drohungen gegen den schwarzen König. Le5 30. Taa3 Kh8 31. Kh1 Tg8 32. Df1 Lxg3 33. Txg3 Txe4 18. Dg2 Dh4 19. Ta3 Lf5 20. f3 Ld4+ 21. Kh1 Tf7 22. xg4 Lxg4 23. Lxf4 Tg7 Die weiße Situation sieht ungemütlich aus, scheint aber nach z.B. Lg3 zu veteidigen zu sein
Lf5 19. Ld2 Dd7 20. Tae1 die Stellung ähnelt der Partie, jedoch ohne die Fesselung des Sc3, was Weiß etwas mehr Flexibilität gibt.
Vabanque - 28. Mär '17
An diese Partie, wo Petrosjan seine Dame auf h1 'einparkt', meine ich mich dunkel zu erinnern.
Er liebte ja solche Damenmanöver auf die Grundreihe, und Petrosjan war berühmt dafür, ganz plötzlich von der Grundreihe aus zurückzuschlagen. Nur in dieser Partie klappte es mal nicht so recht ;)
Ich muss sagen, Gligorics Figurenopfer im 14. Zug ist höchst erstaunlich. Von dieser Stellung aus hätte ich niemals vermutet, dass er genügend Kompensation bekommen könnte. Und längere Zeit danach sieht es für mich ebenfalls noch nicht so aus.
Die Variante zum 22. Zug von Weiß überzeugt mich allerdings nicht: warum gewinnt Schwarz da? Vielleicht bin ich wieder mal schachblind, aber nach 25. Dxf3 sehe ich keinen Gewinn für Schwarz (Dg1+ Ke2 und dann?).
Er liebte ja solche Damenmanöver auf die Grundreihe, und Petrosjan war berühmt dafür, ganz plötzlich von der Grundreihe aus zurückzuschlagen. Nur in dieser Partie klappte es mal nicht so recht ;)
Ich muss sagen, Gligorics Figurenopfer im 14. Zug ist höchst erstaunlich. Von dieser Stellung aus hätte ich niemals vermutet, dass er genügend Kompensation bekommen könnte. Und längere Zeit danach sieht es für mich ebenfalls noch nicht so aus.
Die Variante zum 22. Zug von Weiß überzeugt mich allerdings nicht: warum gewinnt Schwarz da? Vielleicht bin ich wieder mal schachblind, aber nach 25. Dxf3 sehe ich keinen Gewinn für Schwarz (Dg1+ Ke2 und dann?).
cutter - 28. Mär '17
Sehr schöne Partie! Danke!
Als Schlusspunkt würde ich aber eher auf 35. ... Tg1+ tippen,
mit der Folge
36. Dg1: hgD+
37. Kg1: Df3:
Aber das Springeropfer 14. ... Sd4 in so einer frühen Phase muss man erst mal sehen...
Toll!
Als Schlusspunkt würde ich aber eher auf 35. ... Tg1+ tippen,
mit der Folge
36. Dg1: hgD+
37. Kg1: Df3:
Aber das Springeropfer 14. ... Sd4 in so einer frühen Phase muss man erst mal sehen...
Toll!
Kellerdrache - 28. Mär '17
@cutter: am Ende gibt es sicher mehrere Wege zu gewinnen. Ich wollte nur einen möglichen davon aufzeigen.
@Vabanque: Ich lass die Stellung vom 22. Zug mal durch Fritz laufen und werde auch mein eigenes Gehirn diesbezüglich noch einmal anstrengen. Auf den ersten Blick könntest du recht haben.
Ich habe Gligorics Opfer ja als positionell bezeichnet ( und keiner hat mir widersprochen) weil die Stellung relativ früh für Schwarz strategisch besser ist (Bauern vor der gegnerischen Haustür, Superdiagonalen für die Läufer, Dame im Spiel und offene Linien für die Türme) ohne das man sofort den konkreten Gewinnweg sieht. Wie Vabanque schon gesagt hat hat Petrosjan in seiner Karriere oft Stellungen remis gehalten oder gar gewonnen die zwischenzeitlich noch viel häßlicher aussahen.
@Vabanque: Ich lass die Stellung vom 22. Zug mal durch Fritz laufen und werde auch mein eigenes Gehirn diesbezüglich noch einmal anstrengen. Auf den ersten Blick könntest du recht haben.
Ich habe Gligorics Opfer ja als positionell bezeichnet ( und keiner hat mir widersprochen) weil die Stellung relativ früh für Schwarz strategisch besser ist (Bauern vor der gegnerischen Haustür, Superdiagonalen für die Läufer, Dame im Spiel und offene Linien für die Türme) ohne das man sofort den konkreten Gewinnweg sieht. Wie Vabanque schon gesagt hat hat Petrosjan in seiner Karriere oft Stellungen remis gehalten oder gar gewonnen die zwischenzeitlich noch viel häßlicher aussahen.
Kellerdrache - 28. Mär '17
Es ist mir durchaus peinlich, dass ich es erst beim zweiten Nachspielen gefunden habe :
in der Variante zum 22.Zug kommt nach 23.Kf1 nicht Tf7, sondern einfacher und stärker Lxc3. Schlägt der Läufer zurück ist der Se4 nicht mehr ausreichend gedeckt, nimmt der Springer folgt Ld3+. Matt kann dann nur mit der Hergabe von einigem Material abgewendet werden.
in der Variante zum 22.Zug kommt nach 23.Kf1 nicht Tf7, sondern einfacher und stärker Lxc3. Schlägt der Läufer zurück ist der Se4 nicht mehr ausreichend gedeckt, nimmt der Springer folgt Ld3+. Matt kann dann nur mit der Hergabe von einigem Material abgewendet werden.
Vabanque - 28. Mär '17
Ja stimmt. Aber peinlich ist es nicht, ich habe es beim Nachspielen ja auch nicht gesehen.