Kommentierte Spiele

2 alte Meister und ein schneller Sieg

pirc_ - 28. Jul '14
Emanuel Lasker wurde im Jahr 1894 Schachweltmeister gegen Steinitz und kann so sicherlich zu den ganz großen Meistern der Schachgeschichte gezählt werden. Gegen seinen Gegner in der folgenden Partie, Henry Bird, gewann er im Jahre 1890 eine Partieserie mit 8,5 zu 3,5. Bird war ebenso ein dicker Fisch in der damaligen Schachszene und Lasker sah in dieser Blitzpartie wie schnell Fehler von einem solchen Meister bestraft werden...und wer setzt schon den besten Spieler der damaligen Zeit in 12 Zügen matt, auch wenns "nur" eine Blitzpartie war;-)

Bird Lasker Blitz | ?? | 1892 | 1:0
8
7
6
5
4
3
2
a
1
b
c
d
e
f
g
h
1. e4 e5 2. d4 xd4 3. c3 xc3 4. Lc4 xb2 5. Lxb2 das nordische Gambit, eine sehr scharfe Eröffnung vor allem zur damaligen Zeit, wo vieles noch nicht ausanalysiert war Dg5 ein früher Damenausfall, der heutzutage wohl kaum unter den Topspielern gespielt wird 6. Sf3 Dxg2 der erste grobe Fehler von Lasker, Da5+ hätte noch Gegenspiel erzeugt 7. Tg1 Lb4 der nächste Fehler, der schon Verlust bedeutet...Dh3 musste folgen um noch etwas Gegenwehr zu haben 8. Ke2 Dh3 9. Lxf7 nun kommt der tödliche Angriff, dem Lasker nichts mehr entgegenzusetzten hat Kd8 10. Lxg7 Se7 verzweiflungszüge 11. Sg5 greift die Dame an, die Lasker behalten möchte Dh4 12. Se6 dann setzt ihn Bird halt matt, wenn er die Dame nicht geben will
PGN anzeigen

[Event "Blitz"]
[Site "??"]
[Date "1892"]
[Result "1-0"]
[White "Bird"]
[Black "Lasker"]

1. e4 e5 2. d4 exd4 3. c3 dxc3 4. Bc4 cxb2 5. Bxb2{das nordische Gambit, eine sehr scharfe Eröffnung vor allem zur damaligen Zeit, wo vieles noch nicht ausanalysiert war} Qg5{ein früher Damenausfall, der heutzutage wohl kaum unter den Topspielern gespielt wird} 6. Nf3 Qxg2{der erste grobe Fehler von Lasker, Da5+ hätte noch Gegenspiel erzeugt} 7. Rg1 Bb4{der nächste Fehler, der schon Verlust bedeutet...Dh3 musste folgen um noch etwas Gegenwehr zu haben} 8. Ke2 Qh3 9. Bxf7{nun kommt der tödliche Angriff, dem Lasker nichts mehr entgegenzusetzten hat} Kd8 10. Bxg7 Ne7{verzweiflungszüge} 11. Ng5{greift die Dame an, die Lasker behalten möchte} Qh4 12. Ne6{dann setzt ihn Bird halt matt, wenn er die Dame nicht geben will} 1-0

patzer0815 - 28. Jul '14
Schöne Partie! Bei 5. ... Dg5!? und vor allem 6. ... Dxg2 rollen sich mir als leidenschaftlichen Blitzer schon ziemlich die Zehennägel hoch ;-)

Seit einiger Zeit haben wir nun übrigens wieder drei verschieden Autoren bei den letzten drei Partien im Forum :-)
Vabanque - 28. Jul '14
Lustige Partie, und auch witzig kommentiert :))

Ich glaube, gerade im Blitzen sollte man diese Variante mit Schwarz vermeiden ;)
Im Blitz ist es überhaupt eher gefährlich, Gambite anzunehmen, auch wenn sie gar nicht korrekt sind ... das spielt da kaum eine Rolle.

Nur so nebenbei: Warum wird eigentlich bei 9. Lxf7 kein '+' angezeigt, ist doch mit Schach?!
pirc_ - 28. Jul '14
wie gesagt ich denke, die hatten ja damals keine Datenbanken, um zu sehen, dass man Dg5 besser nicht spielt ;-)
Vabanque - 28. Jul '14
Vielleicht bekommen wir ja noch einen Vierten im Bunde? ;)
Vabanque - 28. Jul '14
Deren Datenbanken waren entweder im Kopf oder auf so vergilbtem Papier ;)
patzer0815 - 28. Jul '14
Schachgebote hatte ich in meiner Partie auch nicht ausgewiesen, da ich nicht sicher war ob er sie auf die gewohnliche Art schluckt ;-)
pirc_ - 28. Jul '14
gerade im blitz machen gambits am meisten spass ;-)
und warum da kein + angezeigt wird...naja normalerweise würd ich dich das fragen :-))
Vabanque - 28. Jul '14
Aber machen sie auch Spaß für den, der sie annimmt? Hatte Lasker in dieser Partie Spaß? Wir können ihn nicht mehr fragen :)
pirc_ - 28. Jul '14
nun eine frage der Einstellung ;-)
Vabanque - 28. Jul '14
Ich fürchte fast, Laskers Einstellung zu dieser Partie wird nicht so positiv gewesen sein ;)

Aber jetzt mal im Ernst: Wenn auch Blitzpartie, und wenn auch schneller Sieg nach verdorbener Eröffnung von Schwarz, die Partie ist in noch einer Hinsicht bemerkenswert: Im 7. Zug entwickelt Schwarz ja seinen Läufer mit Tempo (und zwingt dazu sogar noch den weißen König zu wandern), was doch von den Grundsätzen der allgemeinen Strategie sicher sehr gut ist! Und trotzdem reitet er sich damit noch tiefer in den Schlamassel hinein. Weiß dagegen gewinnt am Schluss mit einer Serie von Zügen, wo er bereits entwickelte Figuren noch einmal zieht (Lxg7, Sg5, Se6#), was wiederum von den Grundsätzen der allgemeinen Strategie gar nicht gut sein kann! Und sein König steht so dumm rum und kann doch nicht belangt werden. Der scheinbar 'sicher' stehende König von Schwarz dagegen wird totgemacht. Also eine Partie, die alle Grundsätze auf den Kopf stellt (wenn man es so betrachtet).
pirc_ - 28. Jul '14
naja bei schwarz spielen halt nur 2 Figuren mit (Dame und Läufer), beim guten alten hernry nahezu alle...auch Sg5 und Se6 sind ja in dem Sinne keine verlorenen züge (wenn man ne Dame oder ein matt bekommt)
Vabanque - 28. Jul '14
Ja, ich glaube, wenn man ein Matt hat, darf man die 'Regeln' (nicht mehrmals in der Eröffnung mit der gleichen Figur zu ziehen) verletzen :)))

Übrigens wird auch bei Lb4 von Schwarz kein Schach angezeigt - was ist denn das für eine pgn-Datei, die du da verwendet hast? Vielleicht tatsächlich eine aus dem 19. Jh.? Du behauptest, die hatten damals keine Datenbanken, aber ob das stimmt?! :-p
pirc_ - 29. Jul '14
wie gesagt keine Ahnung. die pgn wurde erst gar nicht angezeigt, hab ein paarmal rumprobiert bis es geklappt hatte...ich finde pgn weiterhin keine optimale lösung, aber es scheint wohl keine bessere zu geben....
patzer0815 - 29. Jul '14
Wenn man ein Matt hat, muss man nicht mehr positiononell die Stellung verstärken, das ist klar. Aber was die Eröffnungsregel betrifft keine Figur ein zweites Mal zu ziehen, habe ich das ein bisschen anders gelernt, und so wird nicht nur bei Mattangriff ein Schuh draus. Eine Figur sollte in der Eröffnung kein zweites Mal gezogen werden, es sei denn auf ein Feld, das es in Mittelspiel in jedem Falle zu erreichen wünscht.
pirc_ - 29. Jul '14
Bird spielt hier doch eher sehr gut nach den Entwicklungsprinzipien der Eröffnung. Er bringt seine Läufer auf starke Diagonalen und schaut Richtung König mit ihnen (zug 4 und 5), entwickelt seinen Springer mit Tempo (Zug6) und seinen Turm ebenso (zug 7)...alle seine anderen Züge dienen ja nur dem Gewinn bzw. später dem matt.
Laskers Damenausfall ist eher etwas, was ich als Anfänger gelernt habe: Man soll seine Dame nicht zu früh ins Spiel bringen, sondern eher seine Leichtfiguren (Springer+Läufer) entwickeln, sein Zentrum stärken und seinen König in Sicherheit bringen.
Natürlich gibt es von den meisten Regeln Ausnahmen. Das mit der Dame gilt wohl eher nicht in der skandinavischen Verteidigung ;-)
Ich hab aus oben genannten Gründen auch nie so richtig die Aljechin-Verteidigung verstanden, wo der Springer in manchen Varianten gleich 3 mal zieht...und ich als weisser dann auch noch irgendwann oft schlecht stehe, deswegen spiele ich da direkt meist 2. Lc4 :-)))
Vabanque - 30. Jul '14
In geschlossenen Stellungen hat diese Regel (eine Figur in der Eröffnung nicht ein zweites Mal zu ziehen) sowieso kaum Bedeutung, da der Zeitfaktor keine Rolle spielt.
Man muss sich auch häufig fragen, ob eine aus der Grundstellung heraus gezogene Figur wirklich auch entwickelt ist. Entwickelt ist eine Figur erst, wenn sie auf einem Feld steht, wo sie auch wirksam werden kann.