Kommentierte Spiele
100 Jahre Schach (I) 1910-19 : Tarrasch-Lasker
Kellerdrache - 22. Jun '16
Hier ist sie also, die erste Folge der neuen Reihe. Wie es sich für "100 Jahre Schach" gehört ist diese Partie vor 100 Jahren gespielt worden. Lasker war zu dieser Zeit noch Weltmeister, der erste Weltkrieg war noch im Gange - die letzte Gelegenheit für Tarrasch dem verhassten Lasker zu zeigen, wer der beste deutsche Spieler ist. Beide Herren sind für heutige Verhältnisse altersmäßig über dem Zenit. Lasker 48, Tarrasch sogar 53 Jahre alt.
Die vorliegende Partie ist, so hoffe ich, ein leichter Einstieg. Zur Eröffnung ist nicht viel zusagen. Sie wird heute kaum noch gespielt. Unser Beispiel zeigt warum. Eröffnungsvorteil ist für Weiß kaum zu erzielen und eine kleine Ungenauigkeit bringt sofort Probleme.































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Die vorliegende Partie ist, so hoffe ich, ein leichter Einstieg. Zur Eröffnung ist nicht viel zusagen. Sie wird heute kaum noch gespielt. Unser Beispiel zeigt warum. Eröffnungsvorteil ist für Weiß kaum zu erzielen und eine kleine Ungenauigkeit bringt sofort Probleme.
Tarrasch, Siegbert Lasker, Emanuel Berlin | 1916 | C55 | 0:1
8








7








6
5
4
3
2








a
1

b

c

d

e

f

g

h

1. e4 e5 2. Sf3 Sc6 3. Lc4 Sf6 4. Sc3 Sxe4 5. Sxe4 d5 6. Ld3 xe4 7. Lxe4 Ld6 es drohte Lxc6+ mit nachfolgendem Bauerngewinn auf e5. Jetzt aber muß Weiß sich vor einem schnellen Angriff im Zentrum, z.B. mit Lg4 gefolgt von f5 usw. fürchten. 8. d4 Tarrasch schiebt dem oben beschriebenen Plan sofort einen Riegel vor indem er die Zentrumsbauern abtauscht. xd4 9. Sxd4 hier hätte man noch den Tausch auf c6 einschieben können. Nach 9.Lxc6+ bxc6 10. Sxd4 hat Schwarz einen Doppelbauern, der sofort angegriffen wird. O-O Lasker opfert auf c6 einen Bauern. Allerdings ist er dafür deutlich besser entwickelt und der mögliche Bauerngewinn ist nicht ohne Gefahren. 10. Le3 wie wir sehen werden ist das kein sehr guter Zug. Besser wäre Dh4 11. Lxc6 der Abtausch ist erzwungen, da ja auch der Bauer auf h2 hängt. xc6 12. g3 Damit schwächt Tarrasch alle weißen Felder auf seinem Königsflügel. Vermutlich wäre es besser gewesen die lange Rochade anzustreben, obwohl auch das angesichts der halboffenen b-Linie nicht sehr gesund aussieht. Dh3 Zuerst wird dafür gesorgt, dass der König in der Mitte bleibt, wo beide zentrale Linien offen sind 13. De2 c5 Natürlich würde Tarrasch jetzt gerne lang rochieren, aber diese Gelegenheit gibt ihm Lasker nicht mehr. 14. Sb3 Lg4 Greift die Dame an, verhindert aber vor allem die Flucht des Königs per O-O-O 15. Df1 Dh5 nein Danke, am Damentausch sind wir nicht interessiert 16. Sd2 Die Idee f3 durchzusetzen und dann doch noch lang zu rochieren verhindert Lasker mit ganz normalen Zügen. Tfe8 17. Tg1 ein eigenartiger Zug. Den Bauern auf h2 wird Schwarz wohl nicht nehmen, da er damit nur die Tür für Gegenspiel öffnet, aber hat Tarrasch etwa an einen Gegenangriff mit f3 und g4 geglaubt ? Tab8 18. Sc4 Le5 Sehr nett. Nach 19.Sxe5 Dxe5 bricht der Damenflügel zusammen. 19. h3 ein hilfloser Zug um irgendwo gegenspiel zu finden Lxh3 20. De2 Lg4 Keine Atempause. Die Dame findet kein ruhiges Feld 21. Dd3 Tbd8 22. Sxe5 Weiß ist gezwungen die Dame gegen Läufer und Turm zu geben. Txd3 23. Sxd3 Txe3+ Nach 24.fxe3 folgt 24...Dh2 mit Mattdrohung. Will Weiß das verhindern muss er schon Turm und Springer geben. 25.Sf2 Dxg1+ 26.Kd2 Dxf2+. usw. auch mit eventuellem Matt.
Vabanque - 22. Jun '16
Eine grausame Vernichtung. Hier war Tarrasch offenbar nicht in Form, Lasker aber umso besser :)
Vabanque - 22. Jun '16
Und die nächste Partie ist dann 1926 gespielt? Da ist die Auswahl aber groß, weil es z.B. das Turnier zu Semmering gab, an dem alles teilnahm, was damals Rang und Namen hatte!
Kellerdrache - 23. Jun '16
Nein, das mit 1916 hab ich nur gemacht damit es eben 100 Jahre sind. In den Jahrzehnten dazwischen reicht es völlig wenn die Partien aus dem Jahrzehnt sind. 1916 war übrigens eine relativ unpraktische Wahl. Durch den ersten Weltkrieg wurden vergleichsweise wenige Turniere und Wettkämpfe gespielt.