Kommentierte Spiele

Die Vergessenen (VII): Vaganian

Kellerdrache - 29. Okt '16
Rafael Vaganian, ein armenischer Großmeister, gehörte über mehr als 10 Jahre zur Weltspitze. Ein Gegner den auch die drei großen Ks (Karpov, Kasparov und Kortschnoi) ernst nehmen mussten. Denen die die Schach-Bundesliga verfolgen ist er als Rekordhalter bekannt. Seine 14,5 Punkte aus 15 Partien aus der Saison 1996/97 ist sicher die beeindruckenste Leistung die unsere Top-Liga gesehen hat.
Bei all seinen Erfolgen hatte Vaganian den Ruf zumindest am Brett eher faul zu sein. Endlose Varianten präzise durchzurechnen war nicht seine Art. Er verlies sich auf sein feines positionelles Gespür und taktische Intuition.
Rafael Vaganian Viktor Kupreichik USSR Championship | Leningrad URS | 3 | 1974.12.02 | A45 | 1:0
8
7
6
5
4
3
2
a
1
b
c
d
e
f
g
h
1. d4 Sf6 2. Lg5 diese etwas seltsame Eröffnung nennt sich Trompowski-Angriff. Der Läufer ist bereit sich gegen den Springer zu tauschen um eine bessere Bauernstellung zu erreichen. c5 3. d5 die Alternative wäre 3.Lxf6. Mit d5 versucht Weiß die Entwicklung des Schwarzen zu behindern. Db6 4. Sc3 Vaganian opfert den b-Bauern, da eine Deckung nur mit größeren Konzessionen möglich wäre
4. b3 Db4+ 5. Ld2
5. Dd2 Sxd5
5. c3 De4 6. Lxf6 xf6
Dd4 und auch hiergeht ein Bauer verloren
Dxb2 5. Ld2 Db6 ein etwas zeitraubender Ausflug, aber man hat einen Bauern gewonnen. 6. e4 d6
oder e5 7. f4 d6 8. xe5 xe5 9. Sf3 Sbd7 mit blockiertem Zentrum. Weiß hat es allerdings deutlich leichter vernünftige Felder für seine Figuren zu finden.
7. f4 g6? Es ist ein Fehler den Vorstoß im Zentrum einfach zuzulassen. Deshalb wäre hier, auch wenn die Fianchettierung des Läufers generell sicher richtig ist, zuerst einmal weiterer Widerstand gegen e5 mit Sbd7 nötig gewesen 8. e5 xe5 9. xe5 Sfd7 10. Sf3 Lg7 11. Tb1 Dd8 12. e6 ein Vorstoß der das schwarze Bauerngefüge zerstört. Kupreitschik kommt zu keiner vernünftigen Entwicklung mehr. xe6 13. Sg5 Sf6 14. Lb5+ Kf8 Auf 14...Ld7 oder 14...Sbd7 ist jeweils Sxe6 möglich und stark. 15. xe6 a6 16. Le3! öffnet die d-Linie und nutzt damit den bedeutenden Entwicklungsrückstand des Nachziehenden aus Da5 der Abtausch der Damen würde das schwarze Problem mit seiner Grundreihe nicht lösen.
Dxd1+ 17. Txd1 Sc6 18. Lxc6 xc6 19. Td8+ Se8 20. O-O Lf6 21. Sce4 Lb7 22. Sxf6 Txd8 23. Sd7+ Kg7 24. Sf7
17. O-O h6
xb5 nimmt Schwarz den Läufer kommt er nicht mehr zur Ruhe 18. Txb5 Dc7 Dd8 darf ja nicht zugelassen werden. 19. Sd5 De5 20. Lxc5 Sc6
Dxg5 21. Sxe7 Sc6 22. Sxc6+ Kg8 23. Dd8+
21. Sxe7 Sxe7 22. Dd8#
18. Dd3 Kg8
xg5 den Springer zu nehmen führt zum Matt 19. Dxg6 Kg8 20. Df7+ Kh7 21. Ld3+ Kh6 22. Dg6#
19. Dxg6 Lxe6 20. Sxe6 Th7 21. Txf6 das Qualitätsopfer beseitigt die Deckung des Feldes e8, was Vaganian für seine Dame bestimmt hat Sd7 22. Lxd7
22. Lxd7 xf6 23. Lxh6 Dxc3 24. Lxg7 De3+ 25. Kh1
PGN anzeigen
[Event "USSR Championship"]
[Site "Leningrad URS"]
[Date "1974.12.02"]
[Round "3"]
[White "Rafael Vaganian"]
[Black "Viktor Kupreichik"]
[Result "1-0"]
[ECO "A45"]
[PlyCount "43"]
[EventDate "1974.11.30"]

1. d4 Nf6 2. Bg5 {diese etwas seltsame Eröffnung nennt sich Trompowski-Angriff.
Der Läufer ist bereit sich gegen den Springer zu tauschen um eine bessere
Bauernstellung zu erreichen.} c5 3. d5 {die Alternative wäre 3.Lxf6. Mit d5
versucht Weiß die Entwicklung des Schwarzen zu behindern.} Qb6 4. Nc3 {
Vaganian opfert den b-Bauern, da eine Deckung nur mit größeren Konzessionen
möglich wäre} (4. b3 Qb4+ 5. Bd2 (5. Qd2 Nxd5) (5. c3 Qe4 6. Bxf6 exf6) 5...
Qd4 {und auch hiergeht ein Bauer verloren}) 4... Qxb2 5. Bd2 Qb6 {
ein etwas zeitraubender Ausflug, aber man hat einen Bauern gewonnen.} 6. e4 d6
({oder} 6... e5 7. f4 d6 8. fxe5 dxe5 9. Nf3 Nbd7 {mit blockiertem Zentrum.
Weiß hat es allerdings deutlich leichter vernünftige Felder für seine Figuren
zu finden.}) 7. f4 g6 ? {Es ist ein Fehler den Vorstoß im Zentrum einfach
zuzulassen. Deshalb wäre hier, auch wenn die Fianchettierung des Läufers
generell sicher richtig ist, zuerst einmal weiterer Widerstand gegen e5 mit
Sbd7 nötig gewesen} 8. e5 dxe5 9. fxe5 Nfd7 10. Nf3 Bg7 11. Rb1 Qd8 12. e6 {
ein Vorstoß der das schwarze Bauerngefüge zerstört. Kupreitschik kommt zu
keiner vernünftigen Entwicklung mehr.} fxe6 13. Ng5 Nf6 14. Bb5+ Kf8 {
Auf 14...Ld7 oder 14...Sbd7 ist jeweils Sxe6 möglich und stark.} 15. dxe6 a6
16. Be3 ! {öffnet die d-Linie und nutzt damit den bedeutenden
Entwicklungsrückstand des Nachziehenden aus} Qa5 {der Abtausch der Damen würde
das schwarze Problem mit seiner Grundreihe nicht lösen.} (16... Qxd1+ 17. Rxd1
Nc6 18. Bxc6 bxc6 19. Rd8+ Ne8 20. O-O Bf6 21. Nce4 Bb7 22. Nxf6 Rxd8 23. Nd7+
Kg7 24. Nf7) 17. O-O h6 (17... axb5 {
nimmt Schwarz den Läufer kommt er nicht mehr zur Ruhe} 18. Rxb5 Qc7 {
Dd8 darf ja nicht zugelassen werden.} 19. Nd5 Qe5 20. Bxc5 Nc6 (20... Qxg5 21.
Nxe7 Nc6 22. Nxc6+ Kg8 23. Qd8+) 21. Nxe7 Nxe7 22. Qd8#) 18. Qd3 Kg8 (18...
hxg5 {den Springer zu nehmen führt zum Matt} 19. Qxg6 Kg8 20. Qf7+ Kh7 21. Bd3+
Kh6 22. Qg6#) 19. Qxg6 Bxe6 20. Nxe6 Rh7 21. Rxf6 {das Qualitätsopfer
beseitigt die Deckung des Feldes e8, was Vaganian für seine Dame bestimmt hat}
Nd7 22. Bxd7 (22. Bxd7 exf6 23. Bxh6 Qxc3 24. Bxg7 Qe3+ 25. Kh1) 1-0
Vabanque - 29. Okt '16
Äußerst flotte Partie! Schwarz wird überrannt, dass ihm Hören und Sehen vergeht :))

>>Bei all seinen Erfolgen hatte Vaganian den Ruf zumindest am Brett eher faul zu sein. Endlose Varianten präzise durchzurechnen war nicht seine Art. Er verlies sich auf sein feines positionelles Gespür und taktische Intuition.<<

So eine Intuition möchte ich auch mal haben, um aufs Durchrechnen all der Varianten, die du hier gegeben hast, verzichten zu können :))
Colorado77 - 29. Okt '16
Dies ist wahrscheinlich die bekannteste Tromp-Partie und in jedem Trompowsky Buch zu finden! Diese Variante wurde fortan sogar das Waganjan-Gambit genannt.
Tolle Wahl und die Varianten sind super analysiert!
Bereits nach 15 Zügen war Kupreichik total überspielt.
Vabanque - 29. Okt '16
Ich habe auch schon versucht, Trompovsky zu spielen, doch die Gegner spielten fast immer Se4 und bekamen frühzeitig gutes Gegenspiel. Finde das mit Weiß richtig unangenehm.
Vabanque - 29. Okt '16
Und vorhin habe ich glatt gelesen: 'Das ist die bekannteste TRUMP-Partie'. LACH!
Vabanque - 29. Okt '16
Aber wäre das nicht auch mal eine interessante Reihe: Partien von Donald Trump? ;)
Vabanque - 29. Okt '16
Also wenn mein voriger Beitrag kein Minus bekommt, ist das der beste Beweis, dass hier kaum jemand mitliest :))
Colorado77 - 29. Okt '16
Bitte schau mal auf die Minus- und Plusvergabe im CM Hauptforum, z.B. im DKJ Thread, dann weisst Du, was diese Likes/Un-Likes wert sind ...
Vabanque - 29. Okt '16
Wert ist das alles natürlich nichts, aber es zeigt immerhin, dass der Beitrag vielfach gelesen wurde.
Vabanque - 29. Okt '16
Ich glaube, wir sollten das aber nicht unter einer so hübschen Partie wie der obigen ausdiskutieren.

Ja, ich gebe zu, ich habe mit dem Blödsinn selber angefangen ;)

Aber ich habe auch etwas Vernünftiges geschrieben, nämlich dass ich Trompowsky für Weiß gar nicht mehr angenehm finde, wenn der Gegner Se4 spielt. Das unterließ Kupreitschik hier, zu seinem Schaden, wie man sieht.

Allerdings sind auch diese Bauernraubmanöver mit c5 und Db6, die Weiß durch das frühzeitige Herausspielen des Lc1 ja erst ermöglicht, nicht ganz so ungefährlich für Weiß. Da muss man schon wissen, wie man den Bauern günstig hergeben kann.
Colorado77 - 29. Okt '16
Und genau da setzt die Logik an....
Als Mathematiker verstehst Du sicher was ich meine!?
pirc_ - 29. Okt '16
Ich hab mal bei "Partien von Donald Trump" minus geklickt...ändert nichts :-))
Trompowsky war eine Zeitlang der Grund für mich auf 1.d4 g6 zu spielen...ich kam da irgendwie ein paar mal unter die Räder. Mittlerweile spiele ich 2. Lg5 Se4 was besser geht für mich.
Colorado77 - 29. Okt '16
2...Se4 spiele ich auch. Die HV ist dann 3.Lf4 wonach Schwarz wählen kann:
- dynamisch c5 (Idee Db6) oder
- statisch d5/Lf5

Der Nachteil ist, man muss als Schwarzer auch etwas auf 3.h4!? und 3.Lh4 kennen.

Der Nachteil von direkt 2...c5 ist, man muss es spielen können, falls Weiss es auf das Endspiel-gerichtete Lxf6 abzielt. Solche Stellungen müssen einem liegen.
Vabanque - 29. Okt '16
Ja, das ist es doch. Das ist genau so eine Eröffnung, die immer schwer zu spielen ist, egal ob man sie mit Weiß oder mit Schwarz auf dem Brett hat, und egal welche Variante man als Schwarzer oder Weißer dann wählt. Ziemlich unvorhersehbar und eigentlich immer unangenehm.
Etwas entschärft ist die Lage, wenn man erst nach 1. d4 d5 2. Sf3 Sf6 3. Lg5 spielt (Torre-Angriff). Dann hat Se4 nicht mehr diese Kraft, wie ich finde, und auch c5 nebst Db6 ist nicht mehr so schlimm. Und wenn Schwarz auf solche Zicken verzichtet und 'normal' weiterspielt, hat man quasi eine Art Colle-Aufbau mit schwarzfeldrigem Läufer außerhalb der Bauernkette, was zwar auch keinen Vorteil bringt, sich aber bequemer spielt, wie ich finde.
Colorado77 - 29. Okt '16
Trompowsky ist eine Eröffnung, die man mit Erfolg nur spielen kann, also jenseits 2200, wenn man kreativ (!) ist + die Theorie sehr gut kennt (als Weisser) + anpassungsfähig, da es verschiedene schwarze Wege gibt, die alle ganz unterschiedlich sind:
2....e6 Karpov
2....Se4
2....c5

Zu den schlechteren zählt 2...d5, weil Weiss damit die Optionen behält (Lxf6!).

Seit Hodgson´s Zeit in den 80er/90er ist es auch keine Überraschung mehr für Schwarz.