Kommentierte Spiele
Brillante Opferpartie: Korody-Benkö 1951
Vabanque - 06. Jun '15
Schwarzsiege in unter 20 Zügen sind auf hohem Level doch recht selten. Und wenn es doch mal gelingt, dann ist bei Weiß meist schon in der Eröffnung irgendetwas gründlich schief gelaufen. In dieser Partie spielt Weiß die Eröffnung eigentlich korrekt, wenn auch zweischneidig, da er dem Schwarzen zwar die Rochade verdirbt, ihm andererseits aber die g-Linie öffnet. Damit es noch eine Kurzpartie werden kann, muss Weiß die Partie also im beginnenden Mittelspiel wegschmeißen. Das tut er auch, nämlich mit seinem
16. Zug, aber dieser Fehler ist nur durch eine großartige Kombination des Schwarzen mit Damenopfer auszunutzen!
Man sagt, dass der damals noch ganz junge Pal Benkö (*1928) vor dieser Partie keine Mütze voll Schlaf bekommen hatte, da er ausgiebig das Budapester Nachtleben genossen hatte. Vollkommen übernächtig, war er am nächsten Tag am Turnierbrett gezwungen, mit Schwarz ultrascharf zu spielen, um eine schnelle Entscheidung zu erzwingen, da er eine lange Partie in seinem Zustand wohl kaum durchgehalten hätte. Wie man sieht, ging seine Rechnung auf ... und beschenkte uns obendrein mit einer
klassischen Kurzpartie.































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16. Zug, aber dieser Fehler ist nur durch eine großartige Kombination des Schwarzen mit Damenopfer auszunutzen!
Man sagt, dass der damals noch ganz junge Pal Benkö (*1928) vor dieser Partie keine Mütze voll Schlaf bekommen hatte, da er ausgiebig das Budapester Nachtleben genossen hatte. Vollkommen übernächtig, war er am nächsten Tag am Turnierbrett gezwungen, mit Schwarz ultrascharf zu spielen, um eine schnelle Entscheidung zu erzwingen, da er eine lange Partie in seinem Zustand wohl kaum durchgehalten hätte. Wie man sieht, ging seine Rechnung auf ... und beschenkte uns obendrein mit einer
klassischen Kurzpartie.
K Korody Pal Benko Club Match | Budapest Hungary | 1951 | D47 | 0:1
8








7








6
5
4
3
2








a
1

b

c

d

e

f

g

h

1. d4 d5 2. c4 c6 3. Sf3 Sf6 4. Sc3 e6 5. e3 Sbd7 6. Ld3 xc4 7. Lxc4 b5 Das Meraner System, das heute noch gerne auf Top-Level, vor allem von Exweltmeister Anand, gewählt wird. Anand gewann damit unter anderem eine spektakuläre Partie im Match gegen Kramnik. (Mir fällt an dieser Stelle auf, dass ich diese mittlerweile auch schon klassische Partie hier noch gar nicht gebracht habe. Das werde ich aber demnächst nachholen.) 8. Ld3 Lb7 Das war damals wohl ein ziemlich neuer Zug. Davor spielte man ausschließlich 8 ... a6, damit der b-Bauer nach dem geplanten c6-c5 gestützt ist. Der Textzug versucht ein Entwicklungstempo einzusparen. Schwarz möchte natürlich trotzdem c5 spielen (um die Diagonale des Lb7 zu öffnen und gleichzeitig gegen den weißen Zentrumsbauer auf d4 zu drücken), das Problem des dann ungedeckten b- Bauern aber durch b5-b4 lösen. Dies ergibt zwar eine zerfranste Bauernstellung am Damenflügel mit weißfeldrigen Schwächen, aber vielleicht dafür gutes Figurenspiel. In der gezeigten Partie geht diese Rechnung jedenfalls auf. 9. O-O In dieser Stellung wurden auch das schärfere e3-e4 sowie a2-a3 (gegen b5-b4 gerichtet) versucht. b4 10. Se4 c5?! Sehr zweischneidig. Heute, wo diese Variante weiter erforscht ist als damals, gilt Le7 als normal und gut spielbar. 11. Sxf6+ xf6! Zu diesem guten Zug ist Schwarz quasi gezwungen, denn nach Sxf6 12. Lb5+ müsste er Ke7 spielen (auf 12... Sd7 wäre 13. Se5 zu stark: Lc8 14. Df3 und aus und vorbei, da Matt auf f7 droht und zugleich der Ta8 hängt), und 11... Dxf6 12. e4 mit der Option Lg5 wäre auch alles andere als erfreulich. Mit dem Textzug akzeptiert Schwarz, dass sein König in der Mitte bleiben wird, aber er verschafft sich mit der Öffnung der g-Linie Angriffschancen gegen die weiße Rochadestellung, falls es ihm gelingt, seine Figuren wirksam zu postieren. 12. De2 Hier kam e3-e4 stark in Betracht. Db6 Üblicherweise das beste Feld für die schwarze Dame im 'Meraner'. Dass sie sich von hier aus aber schließlich opfern wird, konnte an dieser Stelle wohl auch ein Benkö noch nicht voraussehen. 13. a3 Eigentlich ein geistreicher Plan. Weiß möchte auf b4 tauschen, damit der schwarze Bauer c5 (nachdem er auf b4 zurückgeschlagen hat) nicht mehr auf d4 drückt, so dass Weiß zu e3-e4 kommt. Ld6 Schwarz stellt seine Torpedos so auf, dass sie gegen die weiße Königsstellung zielen. 14. xb4 Wenn jetzt Schwarz cxb4 zurückschlägt, folgt wie gesagt e4. xd4! Damit ist Schwarz aber nicht ganz einverstanden. 15. xd4 Tg8 Der schwarze Aufmarsch ist jetzt komplett. Der Bauer auf b4 interessiert Schwarz nicht. Und sein eigener Bauer auf h7 ist ihm auch schnuppe. Auf 16. Lxh7 kann Schwarz Lxh2+! 17. Kxh2 Th8 spielen. 16. b5? Völlig 'logisch', denn Weiß sichert (??) seinen Mehrbauern und verhindert gleichzeitig Dc6. Weiß übersieht aber den nächsten Zug von Schwarz. Viel besser wäre es gewesen, mit Le4 auf der langen Diagonalen zu opponieren. Dxd4!! Was für ein Gefühl mag einem so ein Zug verschaffen, wenn man ihn dem Gegner vorsetzen darf? Aber was für ein Gefühl ist es für den, der ihn 'bekommt'? Weiß darf die Dame nicht schlagen wegen Txg2+ Kh1 Txh2+ Kg1 Th1#. Man erkennt die Kraft der Läufer auf den Diagonalen b7-h1 und d6-h2 in Verbindung mit dem Turm auf der g- Linie. - Wenn Weiß damit nur den Bauern d4 eingebüßt hätte, so wäre dies noch nicht so schlimm. Aber Schwarz droht nun sowohl Dg4 wie auch Txg2+ nebst Dg4. Weiß ist plötzlich rettungslos verloren - nach nur einem einzigen Fehlzug. Aber so pflegt es eben in scharfen Stellungen zu gehen. 17. h3 Daher dieser Versuch (die schwarze Dame nicht nach g4 zu lassen), der aber genauso wenig genügt wie alles andere. Se5! Wie hübsch! Schwarz kann seine Dame weiterhin einstehen lassen. 18. Sxd4 Da er auch sonst keinen befriedigenden Zug findet (es gibt keinen), nimmt er sie jetzt doch. Txg2+ 19. Kh1 Th2+! Die Kombination von vorhin funktioniert auch mit ungedecktem Turm! Auf 20. Kxh2 folgt Sg4++ (Doppelschach!) 21. Kg1 Lh2# mit einem wunderbaren Zweiläufermatt, gestützt vom wacklig postierten Sg4.- Eine Modellpartie für den Angriff auf der g-Linie im Verein mit der langen Diagonalen.
Kellerdrache - 06. Jun '15
Ich wundere mich oft über Spieler die in der Eröffnung so eine Art Abwarteschach spielen. Weiß hatte in dieser Partie einige Chancen aktiv zu spielen tut aber nichts um Benko das Heft aus der Hand zu nehmen.
Die beiden Läufer erinnern mich ein wenig an die berühmte Rubinstein-Partie, auch wenn sie nicht so ganz auf deren Niveau daher kommt. Das Damenopfer ist sehr hübsch aber für Spieler auf GM-Niveau sollte sie für jeden zu finden sein.
Die beiden Läufer erinnern mich ein wenig an die berühmte Rubinstein-Partie, auch wenn sie nicht so ganz auf deren Niveau daher kommt. Das Damenopfer ist sehr hübsch aber für Spieler auf GM-Niveau sollte sie für jeden zu finden sein.
Vabanque - 06. Jun '15
Nun ja, wenn der Weiße hier nicht so gespielt hätte wie von dir beschrieben, hätten wohl keine so hübsche Kurzpartie bekommen ;)
Nein, natürlich ist diese Partie bei weitem nicht auf dem Niveau von Rubinsteins Unsterblicher. Benkö war bestimmt ein großer Spieler, aber Rubinsteins Größe hatte er nicht. Er würde das selber auch bestimmt nicht für sich beanspruchen wollen.
Benkö war zum Zeitpunkt der Partie übrigens noch IM. Den GM-Titel erhielt er verhältnismäßig spät (erst mit 30), aber das war sicher durch die Umstände bedingt (er spielte längere Zeit fast nur in Ungarn und nahm wenig an internationalen Turnieren teil).
Das nur nebenbei; ich gebe dir natürlich vollkommen Recht, jeder sehr starke Spieler (es muss beileibe kein GM oder IM sein) hätte das Damenopfer gesehen (es ist ja auch leicht durchzurechnen). Aber es mit Weiß kommen zu sehen, ist schon eine andere Sache. Das ist in solchen Situationen ungleich schwieriger.
Die Partie hat keinen Weltrang, aber sie ist leicht verständlich, kurz und lehrreich. Deswegen habe ich sie hier gebracht :)
Nein, natürlich ist diese Partie bei weitem nicht auf dem Niveau von Rubinsteins Unsterblicher. Benkö war bestimmt ein großer Spieler, aber Rubinsteins Größe hatte er nicht. Er würde das selber auch bestimmt nicht für sich beanspruchen wollen.
Benkö war zum Zeitpunkt der Partie übrigens noch IM. Den GM-Titel erhielt er verhältnismäßig spät (erst mit 30), aber das war sicher durch die Umstände bedingt (er spielte längere Zeit fast nur in Ungarn und nahm wenig an internationalen Turnieren teil).
Das nur nebenbei; ich gebe dir natürlich vollkommen Recht, jeder sehr starke Spieler (es muss beileibe kein GM oder IM sein) hätte das Damenopfer gesehen (es ist ja auch leicht durchzurechnen). Aber es mit Weiß kommen zu sehen, ist schon eine andere Sache. Das ist in solchen Situationen ungleich schwieriger.
Die Partie hat keinen Weltrang, aber sie ist leicht verständlich, kurz und lehrreich. Deswegen habe ich sie hier gebracht :)
cutter - 08. Jun '15
Völlig richtig so.
Wär ja noch mal schöner, wenn man nur allgemein anerkannte Weltrangpartien hier posten dürfte.
Obwohl das vielleicht die bisher hier veröffentlichten Partien entsprechend adeln könnte ;-)
Nur immer weiter so. Ich genieße jede Partie.
Grüße cutter
Wär ja noch mal schöner, wenn man nur allgemein anerkannte Weltrangpartien hier posten dürfte.
Obwohl das vielleicht die bisher hier veröffentlichten Partien entsprechend adeln könnte ;-)
Nur immer weiter so. Ich genieße jede Partie.
Grüße cutter
koeppi - 10. Jun '15
Eine schöne Partie, keine Frage.
Das Damenopfer... wie schon gesagt wurde, leicht zu sehen.
Viel schwieriger fand ich nach anschließendem h3 den Springerzug nach e5 zu sehen.
Der Zug ist meiner Meinung nach die echte Granate.
Das Damenopfer... wie schon gesagt wurde, leicht zu sehen.
Viel schwieriger fand ich nach anschließendem h3 den Springerzug nach e5 zu sehen.
Der Zug ist meiner Meinung nach die echte Granate.
Kellerdrache - 11. Jun '15
Da hat Koeppi recht. Vielleicht hat Vabanque hier die ! und !! unabsichtlich vertauscht ;-)).
Der Wert solcher Partien besteht ja meiner Meinung nach, neben dem reinen Spaß beim Nachspielen, darin den Betrachtern ein Gefühl für die Chancen und Gefahren bestimmter Stellungen und Spielweisen zu geben.
Neben der generellen Passivität im Aufbau von Weiß hat er im Mittelspiel, wie man beim Schulaufsatz so schön sagt, mit b5 das Thema verfehlt. Er hat hinten den Gartenzaun repariert während man im vorne die Haustür eintritt.
Der Wert solcher Partien besteht ja meiner Meinung nach, neben dem reinen Spaß beim Nachspielen, darin den Betrachtern ein Gefühl für die Chancen und Gefahren bestimmter Stellungen und Spielweisen zu geben.
Neben der generellen Passivität im Aufbau von Weiß hat er im Mittelspiel, wie man beim Schulaufsatz so schön sagt, mit b5 das Thema verfehlt. Er hat hinten den Gartenzaun repariert während man im vorne die Haustür eintritt.
Vabanque - 12. Jun '15
Nun ja, Dxd4 ist spektakulärer als Se5, daher die zwei !!
Dass Se5 schwieriger zu finden ist, sehe ich schon auch so. Häufig habe ich in eigenen Partien ein brillantes (aber halt nicht besonders schwer durchzurechnendes) Opfer gefunden, dann aber die richtige Fortsetzung verpasst, so dass sich der Gegner verteidigen konnte :(
Dass Se5 schwieriger zu finden ist, sehe ich schon auch so. Häufig habe ich in eigenen Partien ein brillantes (aber halt nicht besonders schwer durchzurechnendes) Opfer gefunden, dann aber die richtige Fortsetzung verpasst, so dass sich der Gegner verteidigen konnte :(