Kommentierte Spiele
Brillante Mattangriffe (VI): Caruana - Ponomariov 2014
Vabanque - 22. Okt '15
Es ist gewiss überraschend, eine Partie des aktuellen Spitzenschachs in dieser Reihe anzutreffen, und vorliegende Partie bildet in dieser Hinsicht auch eine Ausnahme. Bis zum 30. Zug allerdings scheint wenig zu geschehen. Weiß besitzt positionellen Druck, den er langsam verstärkt. Nichts, was den Nachspielenden vom Hocker hebt. Diese Partiephase habe ich auch spärlich kommentiert, einerseits weil ich sie nicht so interessant finde, andererseits weil meine Spielstärke für das Verständnis dieser Art Schach auch nicht ausreicht. Danach jedoch kommt Leben in die Bude, und die Kombination, die Weiß mit seinem 39. Zug startet, gehört ganz bestimmt zu den schönsten der letzten Jahre. Gerade als Schwarz den weißen Druck einigermaßen abgeschüttelt zu haben glaubt, knallt Weiß ein Turmopfer aufs Brett, welches wiederum ein Läuferopfer vorbereitet, das zu einem undeckbaren Matt führt.
Wer sich die Zähigkeit des modernen Positionsschachs ersparen will, spielt einfach nur den Schluss nach. Es lohnt sich! :)































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Wer sich die Zähigkeit des modernen Positionsschachs ersparen will, spielt einfach nur den Schluss nach. Es lohnt sich! :)
Fabiano Caruana Ruslan Ponomariov Sparkassen Chess Meeting | Dortmund GER | 2 | 2014.07.13 | C42 | 1:0
8








7








6
5
4
3
2








a
1

b

c

d

e

f

g

h

1. e4 e5 2. Sf3 Sf6 3. Sxe5 d6 4. Sf3 Sxe4 Die Russische Verteidigung gilt normalerweise als eine zum Remis tendierende Spielweise. 5. Sc3 Diese verschärfende Fortsetzung, in der Weiß eine Schwächung seiner Bauernstellung in Kauf nimmt, hat man in den letzten Jahren wieder häufiger gesehen. Sxc3 6. xc3 Le7 7. Le3 Sc6 8. Dd2 Le6 9. O-O-O Die lange Rochade gehört zu diesem System. Die Praxis hat gezeigt, dass Weiß gute Angriffschancen erhält, falls Schwarz kurz rochiert. Daher versucht es Schwarz in dieser Partie ebenfalls mit der langen Rochade. Dd7 10. Kb1 Lf6 11. h3 h6 12. b3 a6 13. g4 O-O-O 14. Lg2 g5 Die Bauernzüge beider Partien muten teils seltsam an. Hinter h3 und g4 bei Weiß stand allerdings der Plan, den Läufer aktiv nach g2 zu stellen. Warum b3 nötig war, weiß ich nicht, und die schwarzen Bauernzüge verstehe ich erst recht nicht. Vielleicht kann mich einer der richtig starken Spieler bei chessmail mal diesbezüglich aufklären. Ich bringe die Partie natürlich hier nur wegen des außerordentlich schönen Mattfinales. 15. Sd4 Nun tut sich mal was. Sxd4 Sxc6 mit Zerschlagung der Rochadestellung möchte Schwarz nicht zulassen; also muss er die weiße Bauernstellung sanieren, indem er den weißen Doppelbauern auflöst. 16. xd4 d5 Der Läufer drohte durch d4-d5 erobert zu werden. 17. f4 Der Le3, der bisher genauso schlecht schien wie sein schwarzer Kollege auf e6, wird damit wieder zum Leben erweckt, während Schwarz kein analoges Manöver zur Verfügung hat. xf4 Erzwungen, da nicht nur g5 hing, sondern auch f5 drohte, wieder mit Läufergewinn. Der schwarze Läufer steht schon recht ungünstig. 18. Lxf4 Nun hängt h6. h5 19. g5 Lg7 20. Tde1 War hier nicht auf Grund des Folgenden h4 stark zu erwägen? Aber ein Caruana wird schon wissen, was er tut! h4 Um den Bauern h3 als Schwäche festzulegen. Der weiße Th1 kann jetzt nicht ziehen. 21. Le5 Tdg8 22. Df4 Dd8 Schwarz manövriert so, dass auch der weiße Bauer g5 zum Angriffsobjekt werden soll. Außerdem geht jetzt Lf6 nicht, weil am Ende der Lg2 hinge. 23. Lf1 Der Läufer wird nach d3 umgruppiert. Kb8 Nach Lxe5 Txe4 wäre der Bauer g5 wieder gedeckt. 24. Ld3 Lc8 25. Kb2 Lxe5 26. Txe5 Tg7 f7 hing jetzt (zumindest potenziell, denn momentan hat Schwarz ja noch Gegenangriff auf g5). Schwarz steht sehr passiv, aber kann Weiß weiterkommen? 27. a4 a5 Schwarz fürchtete wohl weitere Einengung durch a4-a5, aber der Zug schafft eine Schwäche und wäre vielleicht deswegen besser unterblieben. 28. Ka2 Ka7 29. Dd2 Schon wird die neue Schwäche anvisiert. Kb8 Aber jetzt ist der Bauer a5 nicht gut zu nehmen, denn nach Dxa5 Txg5 hätte Weiß nichts. 30. Df4 Ka7 Mit einer Zugwiederholung wäre Schwarz zufrieden. 31. The1 Aber Weiß nicht. Er entschließt sich, den Bauern h3 zu opfern, bzw. eigentlich besser gesagt, gegen den Bauern h4 zu tauschen. Oberflächlich betrachtet scheint dies zu einer Verflachung zu führen. Lxh3 32. Th1 Deckt Schwarz nun den Lh3 mit Dd7 (Dc8 verlöre ja den Bauern d5), so käme stark Df6 nebst Te7. Lc8 Also gibt Schwarz den Bauern wieder her. 33. Txh4 Txh4 34. Dxh4 b6 Sicher nicht am besten, da die weiße Dame jetzt nach c6 eindringen wird. 35. Dh6! Tg8 36. Dc6! Jetzt geht die Antwort Txg5 wegen Txg5 nebst Dxc7+ nicht. Le6? Verliert auf sehr schöne Weise. Der Bauer d5 war bedroht, aber Schwarz konnte Lb7 spielen, auch wenn er sich nach Df6 Dxf6 gxf6 in einem sehr schlechten Endspiel wiederfände. 37. g6! Diesen Zug, der die stabile Position des Le6 untergräbt, hat Ponomariov sicher gesehen, aber für ungefährlich eingeschätzt. Tg7? Der letzte Fehler, aber es gab keine gute Fortsetzung mehr. 38. xf7 Lxf7 Bei allen Bauern auf einem Flügel hat doch Weiß kaum mehr Gewinnchancen, oder?! 39. Te7!! Für diese wunderschöne Kombination kenne ich kein Vorbild. Die schwarze Dame wird von der 8. Reihe abgelenkt, damit das folgende Opfer möglich ist. Dxe7 Nach Kb8, um c7 zu decken, käme La6 ohne Opfer, und Schwarz könnte das Matt ebenfalls nicht verhindern. 40. La6!! Die Pointe. Kxa6 Als vorbildlicher Sportsmann gewährt Pono seinem Gegner die Mattsetzung am Brett. 41. Da8# Eine schöne Mattstellung: die Solodame wird vom eigenenen Soldaten auf a4 und indirekt vom gegnerischen Soldaten auf b6 (der ein Fluchtfeld blockiert) unterstützt.
Kellerdrache - 23. Okt '15
Sehr schönes Ende. Das zaubert einem ein Lächeln aufs Gesicht. Das positionelle Vorspiel war aber für einen einfachen Fußgänger wie mich schwer zu verstehen. Einige Züge, vor allem von Schwarz sahen so aus als wären es Abwartezüge in Ermangelung eines produktiven Plans.
Es ist übrigens ermutigend zu sehen, dass sich auch in Eröffnungen wie Russisch oder Caro-Kann spannende Stellungen aufs Brett zaubern lassen. Man braucht halt nur ein wenig mehr Kreativität als ich ;-)).
Es ist übrigens ermutigend zu sehen, dass sich auch in Eröffnungen wie Russisch oder Caro-Kann spannende Stellungen aufs Brett zaubern lassen. Man braucht halt nur ein wenig mehr Kreativität als ich ;-)).
Vabanque - 23. Okt '15
Geht mir genauso wie dir. Einige Züge von Schwarz könnte uns wohl nur Ponomariov selber erklären. Ich denke mir bei solchen Spielern immer: Die werden doch sicher wissen, was sie tun? Es kann doch nicht sein, dass jemand wie Ponomariov ohne Plan spielt? Oder doch? Vielleicht gab es in der Stellung, die er nach der Eröffnung 'erreicht' hatte, ja keinen vernünftigen Plan. Aber es sieht auch so aus, als hätte Weiß lange gebraucht, um seinerseits einen brauchbaren Plan zu entwerfen.
Wie dem auch sei, ich habe die Partie wegen des Finales reingestellt. Insgesamt würde sie nämlich wohl kaum als eine der schönsten der letzten Jahre durchgehen.
Wie dem auch sei, ich habe die Partie wegen des Finales reingestellt. Insgesamt würde sie nämlich wohl kaum als eine der schönsten der letzten Jahre durchgehen.
koeppi - 31. Okt '15
Ein sehr sehr schönes Mattbild, welches man sich sicherlich merken sollte...
Das Vorgeplänkel, war, wie schon erwähnt, nich so doll.
Aber die Partie gefiel mir trotzdem, ach ich habe nach solchen Eröffnungen so "halbtote" Stellungen auf dem Brett. Schön zu sehen, was man mit ein wenig Geduld anfangen kann.
Das Vorgeplänkel, war, wie schon erwähnt, nich so doll.
Aber die Partie gefiel mir trotzdem, ach ich habe nach solchen Eröffnungen so "halbtote" Stellungen auf dem Brett. Schön zu sehen, was man mit ein wenig Geduld anfangen kann.
Vabanque - 31. Okt '15
Was in dieser Eröffnung passieren kann, wenn Schwarz kurz rochiert, sieht man an einer Partie, die vor langer Zeit hier mal gebracht habe:
/forum/topic.html?key=37a218f799fc70bc0&sv=1
Hat damals leider keine Kommentare geerntet, und jetzt können dort keine mehr geschrieben werden!
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