Kommentierte Spiele
Eine spektakuläre Königsjagd: v. d. Lasa - Jänisch 1842
Vabanque - 08. Mai '24
In der folgenden (sehr alten) Partie kommt nicht nur der Grundgedanke des Königsgambits (Angriff gegen f7) in glänzender Weise zum Tragen, sie ist auch von ihrer witzigen Schlussstellung her bemerkenswert. Der schwarze König wird von e8 bis nach a3 gejagt, und außer der schwarzen Dame befinden sich am Ende noch alle schwarzen Figuren in der Grundstellung!
[Event "Berlin Chess Club"]
[Site "Berlin GER"]
[Date "1842.??.??"]
[Round "?"]
[White "Baron Tassilo von Heydebrand und der Lasa"]
[Black "Carl Jaenisch"]
[Result "1-0"]
[WhiteElo "?"]
[BlackElo "?"]
[ECO "C35"]
1. e4 e5 2. f4 exf4 3. Nf3 Be7 {Die so genannte Cunningham-Verteidigung des
Königsgambits. Weiß hat das schwarze Damenschach auf h4 mit Sf3 verhindert, nun
soll wenigstens der Läufer auf h4 Schach bieten können, um dem Weißen die
Rochade zu verderben.} 4. Bc4 Bh4+ {Später hat man erkannt, dass dieses
Läuferschach harmlos ist und statt dessen Sf6 gespielt.} 5. g3 $6 {Dieses
'Drei-Bauern-Gambit' ist wohl nicht wirklich korrekt, bietet jedoch Chancen,
vor allem wenn Schwarz sich nicht bestmöglich verteidigt.} (5. Kf1 $1 {gilt
trotz der Aufgabe der Rochade allgemein als beste Fortsetzung. Der Lh4 steht
nämlich jetzt ziemlich dumm rum, und Schwarz kann im Moment nicht einmal den
Sg8 entwickeln, ohne vorher den Unglücksläufer noch einmal zu ziehen.} ) 5...
fxg3 6. O-O gxh2+ 7. Kh1 {Weiß kam eben doch noch zur Rochade und damit zur
beschleunigten Entwicklung, und der schwarze Bauer h2 dient dem weißen König
sogar als Schutzschild (ein gar nicht so seltenes Phänomen!).} 7... Bf6 $2 (
{Die Einschaltung von} 7... d5 $1 {, um die schwarze Entwicklung
voranzutreiben, hätte sich hier - wie übrigens in vielen Varianten des
Königsgambits! - sehr empfohlen. Durch die Rückgabe nur eines Bauern hätte
Schwarz damit sofort seinen Lc8 aktiviert.} ) 8. Ne5 $5 {Freilegung der f-Linie
(der Grundgedanke des Königsgambits!) bei gleichzeitiger Räumung der Diagonalen
d1-h5 (so dass der Weg der weißen Dame auf ein Feld, wo sie f7 anzugreifen hilft,
geebnet ist). Das einfache e5 war stärker, macht aber natürlich lange nicht so
viel Spaß. Mitte des 19. Jh. spielte man noch sehr 'direkt', man steuerte ohne
Verzug auf sein Ziel los. Gerade das macht aber die besten Partien aus dieser
Zeit für uns heute noch so unterhaltsam.} 8... Bxe5 $2 {Schwarz schnappt zu,
und wird auch im Folgenden noch ein paar Opfer annehmen. Wenn der Springer
überhaupt zu nehmen war, dann wieder nur nach vorheriger Einschaltung von
d7-d5.} 9. Qh5 $1 {Viel stärker als sofortiges Nehmen auf f7.} 9... Qe7 { Das
Schlagen auf f7 war sowieso nicht zu vermeiden, aber der Zug verhindert
zumindest das 'Schäfermatt' und plant einen Gegenangriff (siehe den nächsten
Zug von Schwarz).} 10. Rxf7 Qc5 {Droht Matt in einem Zug auf g1.} 11. Rf8+
{Doppelschach! Diesen Turm nimmt Schwarz wegen sofortigem Matt auf f7 dann
natürlich doch nicht.} 11... Ke7 12. d4 $1 {Schön gespielt und auch der einzige
Zug.} 12... Qxc4 $2 {Verliert am schnellsten, aber auch am schönsten.} (
{Nach} 12... Qxd4 {(was die Drohung Dg1# erneuert hätte) wäre der weiße Gewinn
schwieriger gewesen. Weiß hätte dann} 13. Bg5+ Kd6 (13... Nf6 14. Qf7+ Kd6 15.
Nc3) 14. Nc3 $1 Qxc4 15. Bf4 $1 {finden müssen.} ) 13. Qe8+ Kd6 14. Qxe5+ Kc6
15. Na3 d6 16. d5+ Kc5 (16... Kd7 17. Qe8# {, und falls 16... Kb6, wird die
schwarze Dame mit Schach geschlagen.} ) 17. Be3+ Kb4 18. c3+ {Wieder würde nach
Ka5 die schwarze Dame mit Schach geschlagen, also:} 18... Ka4 19. b3+ Kxa3
{Natürlich hätten Ka5 oder Dxb3 nur verzögert.} 20. Bc1# {Unrasiert und fern
der Heimat hat den schwarzen Monarchen der Tod ereilt. Seine Truppe ist
komplett zu Hause geblieben, mit Ausnahme seiner abenteuerlustigen Gemahlin hat
sich keiner seiner Getreuen aus dem Loch gewagt.} 1-0
[Site "Berlin GER"]
[Date "1842.??.??"]
[Round "?"]
[White "Baron Tassilo von Heydebrand und der Lasa"]
[Black "Carl Jaenisch"]
[Result "1-0"]
[WhiteElo "?"]
[BlackElo "?"]
[ECO "C35"]
1. e4 e5 2. f4 exf4 3. Nf3 Be7 {Die so genannte Cunningham-Verteidigung des
Königsgambits. Weiß hat das schwarze Damenschach auf h4 mit Sf3 verhindert, nun
soll wenigstens der Läufer auf h4 Schach bieten können, um dem Weißen die
Rochade zu verderben.} 4. Bc4 Bh4+ {Später hat man erkannt, dass dieses
Läuferschach harmlos ist und statt dessen Sf6 gespielt.} 5. g3 $6 {Dieses
'Drei-Bauern-Gambit' ist wohl nicht wirklich korrekt, bietet jedoch Chancen,
vor allem wenn Schwarz sich nicht bestmöglich verteidigt.} (5. Kf1 $1 {gilt
trotz der Aufgabe der Rochade allgemein als beste Fortsetzung. Der Lh4 steht
nämlich jetzt ziemlich dumm rum, und Schwarz kann im Moment nicht einmal den
Sg8 entwickeln, ohne vorher den Unglücksläufer noch einmal zu ziehen.} ) 5...
fxg3 6. O-O gxh2+ 7. Kh1 {Weiß kam eben doch noch zur Rochade und damit zur
beschleunigten Entwicklung, und der schwarze Bauer h2 dient dem weißen König
sogar als Schutzschild (ein gar nicht so seltenes Phänomen!).} 7... Bf6 $2 (
{Die Einschaltung von} 7... d5 $1 {, um die schwarze Entwicklung
voranzutreiben, hätte sich hier - wie übrigens in vielen Varianten des
Königsgambits! - sehr empfohlen. Durch die Rückgabe nur eines Bauern hätte
Schwarz damit sofort seinen Lc8 aktiviert.} ) 8. Ne5 $5 {Freilegung der f-Linie
(der Grundgedanke des Königsgambits!) bei gleichzeitiger Räumung der Diagonalen
d1-h5 (so dass der Weg der weißen Dame auf ein Feld, wo sie f7 anzugreifen hilft,
geebnet ist). Das einfache e5 war stärker, macht aber natürlich lange nicht so
viel Spaß. Mitte des 19. Jh. spielte man noch sehr 'direkt', man steuerte ohne
Verzug auf sein Ziel los. Gerade das macht aber die besten Partien aus dieser
Zeit für uns heute noch so unterhaltsam.} 8... Bxe5 $2 {Schwarz schnappt zu,
und wird auch im Folgenden noch ein paar Opfer annehmen. Wenn der Springer
überhaupt zu nehmen war, dann wieder nur nach vorheriger Einschaltung von
d7-d5.} 9. Qh5 $1 {Viel stärker als sofortiges Nehmen auf f7.} 9... Qe7 { Das
Schlagen auf f7 war sowieso nicht zu vermeiden, aber der Zug verhindert
zumindest das 'Schäfermatt' und plant einen Gegenangriff (siehe den nächsten
Zug von Schwarz).} 10. Rxf7 Qc5 {Droht Matt in einem Zug auf g1.} 11. Rf8+
{Doppelschach! Diesen Turm nimmt Schwarz wegen sofortigem Matt auf f7 dann
natürlich doch nicht.} 11... Ke7 12. d4 $1 {Schön gespielt und auch der einzige
Zug.} 12... Qxc4 $2 {Verliert am schnellsten, aber auch am schönsten.} (
{Nach} 12... Qxd4 {(was die Drohung Dg1# erneuert hätte) wäre der weiße Gewinn
schwieriger gewesen. Weiß hätte dann} 13. Bg5+ Kd6 (13... Nf6 14. Qf7+ Kd6 15.
Nc3) 14. Nc3 $1 Qxc4 15. Bf4 $1 {finden müssen.} ) 13. Qe8+ Kd6 14. Qxe5+ Kc6
15. Na3 d6 16. d5+ Kc5 (16... Kd7 17. Qe8# {, und falls 16... Kb6, wird die
schwarze Dame mit Schach geschlagen.} ) 17. Be3+ Kb4 18. c3+ {Wieder würde nach
Ka5 die schwarze Dame mit Schach geschlagen, also:} 18... Ka4 19. b3+ Kxa3
{Natürlich hätten Ka5 oder Dxb3 nur verzögert.} 20. Bc1# {Unrasiert und fern
der Heimat hat den schwarzen Monarchen der Tod ereilt. Seine Truppe ist
komplett zu Hause geblieben, mit Ausnahme seiner abenteuerlustigen Gemahlin hat
sich keiner seiner Getreuen aus dem Loch gewagt.} 1-0
toby84 - 08. Mai '24
mit der eröffnung wurde ich mit schwarz in der liga auch schon mal plattgeschoben. das war nicht nett.
Vabanque - 08. Mai '24
@toby: Das ist wirklich interessant und zeigt, dass man auch heute noch mit diesen alten Varianten Erfolge erzielen kann, zumindest im Amateurbereich.
Erinnerst du dich vielleicht noch an die Anfangszüge deiner Partie?
Erinnerst du dich vielleicht noch an die Anfangszüge deiner Partie?
toby84 - 08. Mai '24
Bearbeitet
ich würde behaupten, dass der anfang identisch war bis einschließlich Kh1. danach habe ich keine ahnung mehr.
Vabanque - 08. Mai '24
Übrigens hat mich SF Oli1970 darauf aufmerksam gemacht, dass der schwarzfeldrige Läufer von Schwarz ja auch schon unterwegs war. In der Tat, der ist am Anfang mal ziemlich rumgekommen (Lf8 - e7 - h4 - f6 - e5) und hat dann im 14. Zug sein elendes Leben lassen müssen, so dass er am Schluss natürlich nicht mehr auf dem Brett ist und insbesondere auch nicht in der Grundstellung, wie seine Kollegen.
Vabanque - 08. Mai '24
Bearbeitet
>>toby84 - jetzt
ich würde behaupten, dass der anfang idenrisch war bis einschließlich Kh1. danach habe ich keine ahnung mehr.<<
Danke dir. Wenn Schwarz nach Kh1 nicht mit d5 kontert (wie auch in meinen Kommentaren angedeutet), bekommt er wirklich ganz ernsthafte Probleme.
ich würde behaupten, dass der anfang idenrisch war bis einschließlich Kh1. danach habe ich keine ahnung mehr.<<
Danke dir. Wenn Schwarz nach Kh1 nicht mit d5 kontert (wie auch in meinen Kommentaren angedeutet), bekommt er wirklich ganz ernsthafte Probleme.