Kommentierte Spiele
Angriffsschach: Topalov - Naiditsch 2005
Vabanque - 05. Jan '17
Unter allen modernen Angriffsspielern hat Topalov den geradlinigsten Stil. Seine Partien sind daher auch häufig deutlich leichter verständlich als die von Ivantschuk, Shirov, Radjabov, Morozevich oder Judit Polgar (um nur einige wenige zu nennen). Mehr noch, in Topalovs besten Partien sieht der arme Unterlegene (der meist doch selber ein starker GM ist) manchmal aus wie der berüchtigte NN, der so oft gegen Morphy oder Aljechin die bittere Mattpille schlucken musste. Hier trifft dieses harte Geschick den lettisch-deutschen (jetzt leider aserbaidschanischen) Spitzenspieler Naiditsch, der sich gegen Topalov auf eine scharfe, aber letztlich zweifelhafte Variante des Damengambits einlässt und nach einem nicht astreinen Zug bereits in einen Wirbel gerät, der ihn Hören und Sehen vergessen lässt.































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Veselin Topalov Arkadij Naiditsch Dortmund Sparkassen 2005 | Dortmund GER | 2 | 2005.07.09 | D37 | 1:0
8








7








6
5
4
3
2








a
1

b

c

d

e

f

g

h

1. Sf3 Sf6 2. c4 e6 3. Sc3 d5 4. d4 xc4 5. e4 Lb4 6. Lg5 c5 7. e5 xd4 8. Sxd4 Lxc3+ 9. xc3 Da5 10. xf6 Dxg5 11. xg7 Dxg7 12. Dd2 O-O 13. Lxc4 a6 14. O-O Td8?!
Der erste verdächtige Zug von Schwarz, falls nicht die ganze Variante schon ein wenig verdächtig für Schwarz ist. Jedenfalls zieht der Turmzug einen Verteidiger vom schwarzen Königsflügel ab. b5 nebst Lb7 war stellungsgemäß.
15. Df4! Topalov nützt mit einem feinen Damenmanöver sofort die Schwäche des unentwickelten schwarzen Damenflügels aus. b5 16. Dc7! Man erkennt die Hilflosigkeit der schwarzen Damenflügelfiguren. Df8 Der einzige Zug, falls Naiditsch seinen Turm nicht wieder wegziehen will, was natürlich ein Eingeständnis wäre, dass 14... Td8 nicht gut gewesen ist. 17. Ld3 Td7 18. Df4 Lb7 Sieht eigentlich ganz passabel für Schwarz aus, könnte man denken. 19. Tae1 Die Engines wollen hier lieber 19. Tad1 sehen, aber Topalov möchte den Turm über die 3. Reihe von e1 nach e3 und g3 führen. Warum aber nahm er dann nicht den f-Turm? Das könnte uns wahrscheinlich nur er selber sagen. Ein mutmaßlicher Grund dafür könnte sein, dass ein erfahrener Spieler nie gerne mit ungedeckten Figuren spielt (jedenfalls schärften uns dies schon die großen Schachlehrer der Vergangenheit wie Tarrasch und Botwinnik ein!), und wenn der Königsturm über f1-e1 nach e3 aufrücken würde, ließe er den a-Turm ungedeckt.
Dg7? Jedenfalls bestand hier für Naiditsch die letzte Chance, Sc6 zu spielen. Er brauchte den scheinbaren Doppelangriff 20. De4? Dg7 21. Sxc6 Tc8 mit Rückgewinn der Figur nicht zu fürchten. - Der Textzug sieht aktiver aus, da er Matt auf g2 droht, aber er zwingt Weiß geradezu zu einem guten Zug, der in der Folge jegliche Aktivität von Schwarz eindämmt.
20. Le4! Kh8 21. Te3 Lxe4 22. Dxe4 Td5 Weder Taa7 noch Tda7 machen einen guten Eindruck; mit dem Textzug nährt Schwarz zumindest noch die schwache Hoffnung auf Sbd7, die Topalov allerdings sofort zerstört. 23. Sxe6! Solch ein Opfer bringt jemand wie Topalov wahrscheinlich, ohne eine einzige Variante durchgerechnet zu haben. xe6 24. Dxe6 Nun hängt nicht nur der Td5, sondern es droht auch Dc8+ nebst Te8 mit Damengewinn! Td7 25. Tg3 Df8 26. Te1 Taa7 Erlaubt eine hübsche Mattwendung, aber es gab nichts mehr. 27. Df6+!
Kellerdrache - 06. Jan '17
Was für eine seltsame Variante Naiditsch hier gewählt hat. Ich wette, die Meisten von uns hätten hier als Weiß auch das Gefühl gehabt "Das kann doch nicht gut sein." und dann nicht gewußt was sie dagegen machen sollen. Topalov erkennt die Schwachstellen sofort, beißt zu und lässt nicht mehr ab. Naiditsch kann einem beinahe Leid tun. Ich hätte als Schwarzer schon nach Dc7 keinen Spaß mehr an der Partie gehabt.
Die meisten Spieler hätten gegen einen ausgewiesenen Taktiker wie Topalov so eine Variante nicht gewählt. Aber es gibt auch diejenigen (Timman z.B. war bekannt dafür) die ihre Gegner gerne auf dem Feld ihrer Stärken prüfen. Das führt dann zwar auch zu ein paar häßlichen Niederlagen aber wenn man gewinnt schmerzt es den Anderen doppelt. Eine Taktik für Sadisten sozusagen ;-)).
Die meisten Spieler hätten gegen einen ausgewiesenen Taktiker wie Topalov so eine Variante nicht gewählt. Aber es gibt auch diejenigen (Timman z.B. war bekannt dafür) die ihre Gegner gerne auf dem Feld ihrer Stärken prüfen. Das führt dann zwar auch zu ein paar häßlichen Niederlagen aber wenn man gewinnt schmerzt es den Anderen doppelt. Eine Taktik für Sadisten sozusagen ;-)).
Kellerdrache - 06. Jan '17
Meine Lieblingszüge in dieser Partie sind Le4 und Sxe6. Die Beiden machen aus einer optisch ansprechenden Stellung einen Trümmerhaufen.
Vabanque - 06. Jan '17
Die Eröffnungsvariante war mir gar nicht vertraut, weswegen ich die Eröffnung auch nicht kommentiert habe, um keinen Unsinn zu verzapfen.
Spielbar scheint es aber zu sein, denn mit 14... b5 nebst Lb7 hätte Schwarz ein akzeptable Stellung bekommen. Nach 14... Tfd8 rutscht er nur noch die schiefe Ebene herunter. Er hätte zwar danach das eine oder andre Mal besser spielen können als er es in der Partie tat, aber wahrscheinlich hätte er dann lediglich langsamer verloren.
Spielbar scheint es aber zu sein, denn mit 14... b5 nebst Lb7 hätte Schwarz ein akzeptable Stellung bekommen. Nach 14... Tfd8 rutscht er nur noch die schiefe Ebene herunter. Er hätte zwar danach das eine oder andre Mal besser spielen können als er es in der Partie tat, aber wahrscheinlich hätte er dann lediglich langsamer verloren.
gera59 - 07. Jan '17
Danke Danke Danke