Kommentierte Spiele
Carlsen - Karjakin 2016 (1. WM-Partie)
Vabanque - 12. Nov '16
In der ersten Partie überraschte der Weltmeister als Anziehender mit dem unter Super-GMs eigentlich so gut wie nie gespielten Trompowski-Angriff (Schreibweise??) ... das war dann aber auch schon das einzig Spektakuläre an diesem Auftritt. Die Partie ging nach der Eröffnung recht schnell ins Endspiel über (Turm und Springer gegen Turm und Läufer), in dem Carlsen immerhin einen geringen strukturellen Vorteil hatte, der durch einen schwarzen Doppelbauern auf der f-Linie bedingt war (und einen Einzelbauern auf der h-Linie). In der Folge versuchte der Weltmeister am Damenflügel weitere Schwächen zu schaffen, was ihm allen Anschein nach sogar gelang. Aber dennoch reichte dies nicht zu einem deutlichen Vorteil für Weiß. Nach dem Turmtausch war in dem entstandenen Endspiel Springer gegen Läufer schnell klar, das es sich nur noch um ein Herumziehen handeln konnte. Nach der Zeitkontrolle einigten sich beide Spieler daher auf ein Remis.
Resümee: Keine Partie, über die ich auch nur ein Wort verloren hätte, wenn es sich nicht um den aktuellen WM-Kampf handeln würde. Also bisher alles so wie von mir vorhergesagt (@Hasenrat) :)
Resümee: Keine Partie, über die ich auch nur ein Wort verloren hätte, wenn es sich nicht um den aktuellen WM-Kampf handeln würde. Also bisher alles so wie von mir vorhergesagt (@Hasenrat) :)
Hasenrat - 12. Nov '16
Ich konnte die erste Partie nicht verfolgen, lese jetzt erst davon.
Und das ist, was ich mir wünsche. Ein Bulletin, kurz u. knackig zusammengefasst von einem vertrauenswürdigen Menschen, wo ein Diagramm nicht nottut ...
Vielen Dank!
Und das ist, was ich mir wünsche. Ein Bulletin, kurz u. knackig zusammengefasst von einem vertrauenswürdigen Menschen, wo ein Diagramm nicht nottut ...
Vielen Dank!
Vabanque - 12. Nov '16
Doch, die Züge zum Nachspielen kommen noch, zwecks Überprüfung meines Kommentars:































PGN anzeigen
Magnus Carlsen Sergey Karjakin Carlsen - Karjakin World Chess Championship | New York NY USA | 1 | 2016.11.11 | A45 | 1/2-1/2
8








7








6
5
4
3
2








a
1

b

c

d

e

f

g

h

1. d4 Sf6 2. Lg5 d5 3. e3 c5 4. Lxf6 xf6 5. xc5 Sc6 6. Lb5 e6 7. c4 xc4 8. Sd2 Lxc5 9. Sgf3 O-O 10. O-O Sa5 11. Tc1 Le7 12. Dc2 Ld7 13. Lxd7 Dxd7 14. Dc3 Dd5 15. Sxc4 Sxc4 16. Dxc4 Dxc4 17. Txc4 Tfc8 18. Tfc1 Txc4 19. Txc4 Td8 20. g3 Td7 21. Kf1 f5 22. Ke2 Lf6 23. b3 Kf8 24. h3 h6 25. Se1 Ke7 26. Sd3 Kd8 27. f4 h5 28. a4 Td5 29. Sc5 b6 30. Sa6 Le7 31. Sb8 a5 32. Sc6+ Ke8 33. Se5 Lc5 34. Tc3 Ke7 35. Td3 Txd3 36. Kxd3 f6 37. Sc6+ Kd6 38. Sd4 Kd5 39. Sb5 Kc6 40. Sd4+ Kd6 41. Sb5+ Kd7 42. Sd4 Kd6
manne - 12. Nov '16
Warum eigentlich 4...gxf6 statt exf6? Dadurch schwäch ich doch meine Deckung bei einer kurzen Rochade?
Und warum spielt weiß nicht 8.Dxd8+, dann hätte sich der schwarze König ja schon mal bewegt?
Und warum spielt weiß nicht 8.Dxd8+, dann hätte sich der schwarze König ja schon mal bewegt?
pirc_ - 12. Nov '16
nach 4. exf hätte schwarz mit 5.dxc Lxc einen isolanie auf d5...kann man aber wohl machen
Bluemax - 12. Nov '16
ja, ja, Vabanque.
ich kann deine etwas enttäuschende haltung zu wm matches vor allem in der
letzten zeit sehr gut verstehen, mir geht es nämlich genauso wie dir.
normalerweise würde ich mir die vorliegende partie einmal anschauen und dann
schnell wieder vergessen.
deswegen hab ich mir mal angewöhnt, gerade wm kämpfe vorrangig aus
psychologischer sicht zu betrachten.
auch glaube ich darf man eröffnungspartien nicht allzu kritisch betrachten,
beide kontrahenten tasten sich erstmal ab, wollen sich beschnuppern.
in der vorliegenden partie fand ich die eröffnungswahl beider spieler
recht interessant, sah zuerst Carlsen leicht im vorteil (4...- gxf6), dann
Karjakin leicht vorne (14...- Dd5).
schade allerdings das nach dem (fast) generalabtausch auf der c- linie das
ganze relativ schnell verpuffte.
ich vermute aber das wir uns noch auf ein paar spannende partien freuen dürfen,
das war noch nicht alles was die 'matadore' uns gezeigt haben.
ich kann deine etwas enttäuschende haltung zu wm matches vor allem in der
letzten zeit sehr gut verstehen, mir geht es nämlich genauso wie dir.
normalerweise würde ich mir die vorliegende partie einmal anschauen und dann
schnell wieder vergessen.
deswegen hab ich mir mal angewöhnt, gerade wm kämpfe vorrangig aus
psychologischer sicht zu betrachten.
auch glaube ich darf man eröffnungspartien nicht allzu kritisch betrachten,
beide kontrahenten tasten sich erstmal ab, wollen sich beschnuppern.
in der vorliegenden partie fand ich die eröffnungswahl beider spieler
recht interessant, sah zuerst Carlsen leicht im vorteil (4...- gxf6), dann
Karjakin leicht vorne (14...- Dd5).
schade allerdings das nach dem (fast) generalabtausch auf der c- linie das
ganze relativ schnell verpuffte.
ich vermute aber das wir uns noch auf ein paar spannende partien freuen dürfen,
das war noch nicht alles was die 'matadore' uns gezeigt haben.
Hasenrat - 12. Nov '16
Es ist ja schön, dass der WM mal anders eröffnet. Für mich ist es jetzt aber eher ärgerlich, weil ich im Begriff gewesen bin, das Trompy auch mal jetzt anzuwenden, um weite Bereiche der lästigen Damenbauerneröffnungeb zu vermeiden. Nun wird es wieder einen Moderevivalhype geben, jeder wird sich Trompowsky angucken und mehr als der ein oder andere in der Kreisklasse auch spielen.
Hasenrat - 12. Nov '16
@manne
Sowohl vor einem rochadekaputtmachenden Doppelbauern als auch vor einem rochadekaputtmachenden Damengrundreihenabtausch hat man wohl heute keine Angst mehr. Diese Faustregeln, die man uns in der Kindheit beibrachte sind wohl oldschool und outdated. Auch ich krieg sie nur schwer aus meinem Kopf.
Sowohl vor einem rochadekaputtmachenden Doppelbauern als auch vor einem rochadekaputtmachenden Damengrundreihenabtausch hat man wohl heute keine Angst mehr. Diese Faustregeln, die man uns in der Kindheit beibrachte sind wohl oldschool und outdated. Auch ich krieg sie nur schwer aus meinem Kopf.
Hasenrat - 12. Nov '16
Ich finde auch im ereignisarmen u. völlig ausgeglichenen Spiel kann Schönheit liegen. Gerade weil es so einfach und wie ein Selbstläufer aussieht, in großer Ruhe u. mit großer Kraft gespielt. Wie ein ballettartiges Sumoringen. Ein Planetentanz.
Vabanque - 12. Nov '16
@manne:
1) 4... exf6 ist, wie pirc_ schon erklärt hat, ebenfalls spielbar, aber wegen des entstehenden Isolani auf d5 nicht gerade beliebt.
2) Von der Zerstörung der schwarzen Rochade mit 8. Dxd8+ kann sich Weiß nicht viel versprechen, weil sein schwarzfeldriger Läufer schon getauscht ist und daher der schwarze König je nach Situation später gut nach e7 (nach Lxc5) oder evtl. sogar nach c7 (falls Weiß auch noch auf c6 tauschen sollte) ausweichen kann, ohne behellligt zu werden. Zumindest stelle ich mir das so vor.
@Bluemax: Zustimmung! Ein Problem ist sicher auch, dass viele interessantere Partien (die es auch unter Top-GMs immer noch gibt!) den Schachfreunden entgehen, wenn sie ihren Blick einseitig auf die WM richten.
@Hasenrat:
1) Gerade in niedrigeren Klassen wurde doch Trompowski immer schon gerne gespielt. Nur auf höchster Ebene sah man es bisher kaum.
2) Die 'Regeln' stimmen doch immer noch, man muss halt wissen, wann eine Ausnahme auf dem Brett ist. Wobei es da wirklich viele gibt und immer schon gab. Auch vor 100 Jahren hätte hier ein Top-Spieler keine Angst vor der 'Aufreißung' des K-Flügels gehabt oder vor der 'Zerstörung' der Rochade. Sein Schachgefühl hätte ihm genauso wie dem heutigen Top-Spieler gesagt, dass alles im grünen Bereich ist.
3) Wir alle hätten sowohl mit Weiß wie mit Schwarz in diesen 'einfachen' Stellungen verloren. Aber hier haben beide Kontrahenten die nötige Technik (und das nötige Schachgefühl), nicht zu straucheln.
1) 4... exf6 ist, wie pirc_ schon erklärt hat, ebenfalls spielbar, aber wegen des entstehenden Isolani auf d5 nicht gerade beliebt.
2) Von der Zerstörung der schwarzen Rochade mit 8. Dxd8+ kann sich Weiß nicht viel versprechen, weil sein schwarzfeldriger Läufer schon getauscht ist und daher der schwarze König je nach Situation später gut nach e7 (nach Lxc5) oder evtl. sogar nach c7 (falls Weiß auch noch auf c6 tauschen sollte) ausweichen kann, ohne behellligt zu werden. Zumindest stelle ich mir das so vor.
@Bluemax: Zustimmung! Ein Problem ist sicher auch, dass viele interessantere Partien (die es auch unter Top-GMs immer noch gibt!) den Schachfreunden entgehen, wenn sie ihren Blick einseitig auf die WM richten.
@Hasenrat:
1) Gerade in niedrigeren Klassen wurde doch Trompowski immer schon gerne gespielt. Nur auf höchster Ebene sah man es bisher kaum.
2) Die 'Regeln' stimmen doch immer noch, man muss halt wissen, wann eine Ausnahme auf dem Brett ist. Wobei es da wirklich viele gibt und immer schon gab. Auch vor 100 Jahren hätte hier ein Top-Spieler keine Angst vor der 'Aufreißung' des K-Flügels gehabt oder vor der 'Zerstörung' der Rochade. Sein Schachgefühl hätte ihm genauso wie dem heutigen Top-Spieler gesagt, dass alles im grünen Bereich ist.
3) Wir alle hätten sowohl mit Weiß wie mit Schwarz in diesen 'einfachen' Stellungen verloren. Aber hier haben beide Kontrahenten die nötige Technik (und das nötige Schachgefühl), nicht zu straucheln.
svenner - 13. Nov '16
> Nun wird es wieder einen Moderevivalhype geben,
Glaube ich eher nicht. Das Carlsen Trumpowsky gewählt hat,
dürfte wohl lediglich ein kleiner Scherz zum Aufwärmen gewesen sein.
Glaube ich eher nicht. Das Carlsen Trumpowsky gewählt hat,
dürfte wohl lediglich ein kleiner Scherz zum Aufwärmen gewesen sein.
Hasenrat - 13. Nov '16
Das mag ja so sein trotz aller Dementis. Aber warum u. woher es gekommen ist spielt da wohl keine große Rolle. Jetzt ist Trompowsky wieder in der Welt u. alles spricht darüber.
Hasenrat - 13. Nov '16
Wer heute sein Mannschaftsligaspiel außer der gewohnten Reihe mit Trompowsky beginnt, hat müde Lacher auf seiner Seite oder gegen sich.
Vabanque - 13. Nov '16
>>Jetzt ist Trompowsky wieder in der Welt u. alles spricht darüber.<<
Wenn Carlsen die Partie damit glänzend gewonnen hätte, wäre dem wohl so.
Wenn Carlsen die Partie damit glänzend gewonnen hätte, wäre dem wohl so.
alms - 13. Nov '16
Der WM-Kampf ist mittlerweile mit 12 Partien viel zu kurz. Beide Spieler sind extrem schwer zu besiegen, d.h. dass jeder Partieverlust den Matchverlust bedeuten kann. Wir werden viel Sicherheitsschach sehen. Bei 24 Partien hatte man noch die Chance, auch ein -2 aufzuholen.
Trotzdem fand ich es beeindruckend, wie Karjakin hier dichtgehalten hat, etwa mit 10...Sa5. Es war ja eigentlich Carlsens Stellungstyp.
PS: Judit Polgar wollte übrigens 28...Tc7 sehen, was nach Turmtausch und Se5 glatt verliert. Schwarz musste schon sehr aufmerksam sein.
Trotzdem fand ich es beeindruckend, wie Karjakin hier dichtgehalten hat, etwa mit 10...Sa5. Es war ja eigentlich Carlsens Stellungstyp.
PS: Judit Polgar wollte übrigens 28...Tc7 sehen, was nach Turmtausch und Se5 glatt verliert. Schwarz musste schon sehr aufmerksam sein.
Vabanque - 13. Nov '16
Ja, Karjakin scheint bisher im Carlsen-Stil zu spielen. Aber man muss sich erinnern, dass auch Aljechin seinerzeit den vermeintlich unbesiegbaren Capablanca dadurch bezwang, dass er in dessen eigenem Stil spielte ... ähnlich war es 1984/84 zwischen Kasparov und Karpov. Nachdem Kasparov 1984 mit seinem typischen Überrumpelungsschach fast gescheitert war, verlegte er sich auf typisch Karpovsche Abwarte- und Zermürbungsstrategie, und zeigte damit (wie früher ja auch Aljechin!) erstmals, dass er dies genauso gut beherrschte wie der amtierende Weltmeister, wenn dies auch nicht Kasparovs (bzw. Aljechins) bevorzugte Spielweise war. Aber: was sein muss, muss sein! Oder: In der Not frisst der Teufel eben Fliegen.
So denkt sich hier wohl auch Karjakin, von dem man ja auch eher taktisch betonte Partien kennt, in denen 'was los' ist. Aber damit würde er von Carlsen wohl locker abgefertigt werden. Also verlegt er sich aufs zähe Ausharren.
>>PS: Judit Polgar wollte übrigens 28...Tc7 sehen, was nach Turmtausch und Se5 glatt verliert. Schwarz musste schon sehr aufmerksam sein.<<
Das hatte ich mich an dieser Stelle auch gefragt, warum Schwarz nicht die Türme tauscht, und zwar nämlich schon einen Zug vorher (ohne h5). Ich habe es dann nicht näher angeschaut, ist das entstehende Bauernendspiel wirklich glatt verloren und warum? Wenn der schwarze Bauer noch auf h6 steht, kann der weiße König doch nicht am K-Flügel eindringen?
So denkt sich hier wohl auch Karjakin, von dem man ja auch eher taktisch betonte Partien kennt, in denen 'was los' ist. Aber damit würde er von Carlsen wohl locker abgefertigt werden. Also verlegt er sich aufs zähe Ausharren.
>>PS: Judit Polgar wollte übrigens 28...Tc7 sehen, was nach Turmtausch und Se5 glatt verliert. Schwarz musste schon sehr aufmerksam sein.<<
Das hatte ich mich an dieser Stelle auch gefragt, warum Schwarz nicht die Türme tauscht, und zwar nämlich schon einen Zug vorher (ohne h5). Ich habe es dann nicht näher angeschaut, ist das entstehende Bauernendspiel wirklich glatt verloren und warum? Wenn der schwarze Bauer noch auf h6 steht, kann der weiße König doch nicht am K-Flügel eindringen?
Hasenrat - 14. Nov '16
Irgendeiner der Berufenen, in irgendeiner Kolumne meinte, dieser WM-Kampf sei jetzt schon historisch wegen der Trompowsky-Eröffnung-Wettkampferöffnung. Das ist es, was ich meinte, was ich befürchte ...
Vabanque - 14. Nov '16
Traurig, wenn er nur dadurch historisch wird ...
Das ist eine vollkommen spielbare Eröffnung. Sie ist halt unter GMs nicht in Mode. Außerdem erreicht Schwarz zu leicht Ausgleich. Ähnlich halt wie bei Eröffnungen 1. b3, 1. e3, 1. f4, 1. Sc3, die deswegen an der Weltspitze auch praktisch nie vorkommen (obwohl das nicht immer so war, b3 wurde von Nimzowitsch und Larsen oft gespielt, f4 von Tartakower und Larsen).
Das ist eine vollkommen spielbare Eröffnung. Sie ist halt unter GMs nicht in Mode. Außerdem erreicht Schwarz zu leicht Ausgleich. Ähnlich halt wie bei Eröffnungen 1. b3, 1. e3, 1. f4, 1. Sc3, die deswegen an der Weltspitze auch praktisch nie vorkommen (obwohl das nicht immer so war, b3 wurde von Nimzowitsch und Larsen oft gespielt, f4 von Tartakower und Larsen).