Kommentierte Spiele
Leicht, locker und lehrreich (X): Landau - Réti 1927
Vabanque - 07. Nov '18
Wenn Réti-Partien mal ausnahmsweise einfach sind, dann sind sie meist aber gleich besonders lehrreich. So auch diese Partie, die aus einem Match stammt, das Réti 1927 gegen den damaligen holländischen Spitzenspieler (jüdisch-galizischer Herkunft) Salomon Landau - der nach der deutschen Besetzung der Niederlande von den Nazis feige ermordet wurde und damit das Schicksal einer ganzen Reihe hochbegabter jüdischer Menschen teilte - austrug. Das Match gewann Réti 6,5 : 2,5; in vorliegender Partie gerät Landau als Weißer nach zwei frühen Unachtsamkeiten schnell in eine Stellung ohne Gegenspiel. Réti zeigt uns musterhaft, wie man so ein 'Spiel auf ein Tor' zu einem siegreichen Abschluss führt.































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Natürlich könnte ich auch hier wieder eine Liste von Punkten aufstellen, was man alles aus dieser Partie lernen kann. Allerdings würde sich gegenüber den bisherigen Listen hier vieles wiederholen (schwache Bauern und schwache Punkte, insbesondere in der Nähe der Königsstellung; Linienöffnung gegen den feindlichen König etc.). Deswegen möchte ich mich hier mal ausnahmsweise auf einen einzigen Aspekt konzentrieren, zu dem die Partie m.E. das meiste Anschauungsmaterial liefert: nämlich den Abtausch. Wann ist ein Abtausch gut und wann sollte er besser vermieden werden? Hier kommt es darauf an, welche Figuren beide Seiten behalten bzw. welche Figuren ihnen anschließend fehlen werden und warum.
Steht man also vor der Wahl einen Abtausch zu tätigen oder zu unterlassen, sollte man gründlich abwägen, was die (nicht) am Leben gelassenen Figuren im späteren Partieverlauf noch leisten könn(t)en.
Hier vermeidet Weiß im 11. Zug den Abtausch seines Lh4 gegen den schwarzen Sf6. Aber der nach g3 gezogene Läufer wird im gesamten weiteren Partieverlauf die Rolle eines unbeteiligten Zuschauers einnehmen, während der schwarze Sf6 später auf e4 und anschließend auf c5 zur Bestform auflaufen wird. Also war der Rückzug falsch, während Weiß mit dem Abtausch eine potentiell untätige Figur losgeworden wäre und eine potentiell gefährliche gegnerische Figur vom Brett entfernt hätte. (Seltsamerweise geht IM Craig Pritchett in seinen Anmerkungen zu dieser Partie über 11. Lg3 kommentarlos hinweg, ganz so als wäre dieser Zug selbstverständlich und es gäbe keine Alternative.)
Réti dagegen zögert im Frühstadium der Partie, seinen Lb4 gegen den weißen Sc3 zu tauschen, obwohl der dem Weißen damit einen Doppelbauern verschafft hätte. Offenbar wollte er sich von seinem schwarzfeldrigen Läufer nicht so gerne trennen bzw. die Fesselung noch aufrecht erhalten. Nach dem weißen Fehlzug 12. 0-0-0 entschied Réti, dass sein Springer überleben sollte (weil er, sollte er auf e4 angerempelt werden, das unvertreibbare Feld c5 zur Verfügung hatte), während er auf seinen Lb4 in der Folge gut verzichten konnte. Ein Verzicht auf den Abtausch kam in diesem Fall übrigens nicht in Betracht (der weiße Sc3 wäre sonst zu aktiv geworden), nur die Wahl zwischen zwei Abtauschmöglichkeiten.
Mit dem Abtausch 17. Lxg6 tauschte Weiß zwar einen passiven Läufer gegen einen aktiven Springer, doch fehlte ihm anschließend der Läufer zur Bewachung der weißen Felder in der Nähe seiner Königsstellung. Manchmal kann es also auch sinnvoll sein, passiv stehende Figuren zu behalten, nämlich dann, wenn sie wichtige Felder (oder Bauern) decken. In diesem konkreten Fall allerdings hatte Weiß nur noch die Wahl zwischen zwei Übeln (bei Verzicht auf den Abtausch wäre der schwarze Sg6 über e5 stark ins Spiel gekommen).
Salo Landau Richard Reti Rotterdam m | Rotterdam NED | 8 | 1927.09.25 | A28 | 0:1
8








7








6
5
4
3
2








a
1

b

c

d

e

f

g

h

1. c4 e5 2. Sc3 Sf6 3. Sf3 Sc6 Ironischerweise entwickelt sich Réti hier 'klassisch', sein Gegner dagegen zunächst 'hypermodern' (d.h. mit Zurückhaltung der Mittelbauern). 4. d4 Aber schon wird der Mittelbauer gezogen, auch wenn es danach zum zahmen Abtausch kommt. Dieser Zug ist heute wohl mit Recht nicht mehr in Mode. Mehr im Sinne des 'englischen' Systems ist 4. g3, was Réti hier mit Weiß bestimmt gezogen hätte. xd4
e4 ist hier ebenfalls interessant, führt aber natürlich zu gänzlich anderen Stellungsbildern. Generell kann man sagen, dass solch frühe 'Festlegungen' eines Bauern auch ihre Schattenseiten haben. Der Bauer steht hier scheinbar stark mit einengender Wirkung auf das weiße Spiel, er kann aber leicht selbst zum Angriffsobjekt werden, wie wir es ja bereits in der Partie Schmid-Westerinen gesehen haben, in einer recht ähnlichen Stellung. Réti bevorzugt jedenfalls einen einfacheren Weg.
5. Sxd4 Lb4 Bereits hier gefällt mir die schwarze Stellung eigentlich schon besser. Schwarz hat eine bequeme Entwicklung; er kann auf jeden Fall gefahrlos rochieren und danach mit Te8 die halboffene e-Linie besetzen. Je nach der weißen Antwort wird er mit d6 oder gar d5 seine Entwicklung fortsetzen. Er kann auf c3 tauschen oder damit noch warten, oder auch mit Se5 den weißen c-Bauern belästigen. 6. Lg5 h6 7. Lh4 O-O 8. e3 Se5 Mit der Absicht Sg6, womit Schwarz die Fesselung aufheben kann, ohne mit g7-g5 sein Königsstellung schwächen zu müssen. 9. Dc2 Nun kann Weiß die Schaffung eines Doppelbauern aber einstweilen verhindern. Te8 10. Le2 Sg6 11. Lg3? Wie der Gang der Ereignisse gleich zeigen wird, wäre es besser gewesen, den Springer mit 11. Lxf6 abzutauschen. Dxf6 12. O-O Lxc3 (auch der weiße Sc3 würde - nun entfesselt - sonst zu gefährlich) 13. Dxc3 d6 mit beiderseitigen Chancen, wobei die weißen am Damenflügel (c4-c5), die schwarzen am Königsflügel (Dg5 und ggf. Sh4 oder Se5) liegen. Nach dem schwachen Textzug (vielleicht eine Reflexreaktion, um das 'wertvolle' Läuferpaar zu behalten) wird Weiß nur noch mit Mühe Nachteil vermeiden können. Vor allem wird sein Lg3 im weiteren Partieverlauf nie mehr ein Wort mitsprechen.
Se4 Der steht jetzt doch recht unangenehm für Weiß. Landau hätte vielleicht ein wenig über diese Stellung meditieren sollen, bevor er Lg3 zog. 12. O-O-O? Oje! Der weiße König hat hier statt in einem Palast in einer Hütte mit Durchzug sein Quartier aufgeschlagen. Wenn Weiß überhaupt lang rochieren wollte, hätte er es im 10. Zug tun sollen. Lxc3! Auch hier musste wieder entschieden werden, ob es besser war, den Läufer oder den Springer zu tauschen. Réti entschließt sich, den Springer zu behalten, und behält damit nicht nur diesen, sondern auch Recht. 13. xc3 De7 14. Kb2 Um die schwarze Dame nicht nach a3 zu lassen, sind schon solche 'Klimmzüge' erforderlich. d6 15. Ld3 Ld7 16. f3? Wohl der endgültige Verlustzug. Hier bestand die letzte Chance für Weiß, den lästigen Springer zu tauschen. Freilich geriete er damit bei seiner zerrissenen Bauernstellung in ein schlechteres Endspiel, aber er könnte immerhin mit 16. Lxe4 Dxe4 17. Dxe4 Txe4 18. c5!? xc5 19. Sb3 seinen Doppelbauern auflösen (da c5 und c7 sowie der Ld7 hängen, gewinnt Weiß den Bauern zurück, behält aber zwei isolierte Bauern am Damenflügel). Lc6 20. Lxc7 b6 und Schwarz hat Vorteil, der aber lange nicht so groß ist wie in der Partie.
Sc5! Ein großartiges Feld für den Springer (wieder mal das Feld vor einem Isolani, den es hier sogar in doppelter Ausführung gibt!). Réti hat natürlich ausgerechnet, dass Schlagen auf g6 Weiß nichts bringt. 17. Lxg6 Tauscht er den nicht, so kommt mit Se5 schnell ein weiterer Springer aktiv ins Spiel. Andererseits fehlt jetzt bald ein wichtiger Verteidigungsläufer zum Schutz der weißen Felder in Königsnähe. xg6 18. Tde1 Df7 Deckt g6 und visiert gleichzeitig c4 an. Während das schöne Springerfeld c5 die indirekte Schwäche des Isolani c4 beleuchtete, wird jetzt seine direkte Schwäche ebenfalls fühlbar. 19. De2 a6! Und nun ist es bereits soweit: Schwarz kann in jedem Fall Linienöffnung erzwingen, wonach nicht nur etwas Zugluft, sondern ein ganzer Orkan durch die baufällige weiße Königshütte brausen wird. Weiß ist bereits völlig verloren, vor allem weil er ja auch kein Gegenspiel im Zentrum und/oder am Königsflügel aufbauen kann. Bald wird er mit jedem Zug nur noch auf schwarze Drohungen reagieren. 20. e4 b5 21. xb5? 21. Ka1 xc4 wäre schlimm genug gewesen, zumal Weiß dann nicht nur einen Bauern weniger hat, sondern Schwarz auch noch dass Springerfeld d3 bekommt. Aber der weiße König wäre zumindest zunächst mal außerhalb der unmittelbaren Gefahrenzone gewesen. Mit dem Textzug verschwindet zwar der schwache Bauer c4, aber Weiß öffnet dem Schwarzen nicht nur die a-Linie, sondern auch noch die Diagonale g8-a2!
xb5 Schon droht Schwarz mit großem Getöse auf a2 zu schlagen. 22. Ta1 Ta4 Um auf der a-Linie zu verdoppeln. Die Partie spielt sich fast von selbst. 23. Thb1 Tea8 Erzwingt die folgende Schwächung des Feldes b3. 24. a3 Le6 Droht Lc4 nebst Sd3+, weswegen Weiß tauscht, was aber b3 vollständig schutzlos lässt. 25. Sxe6 Dxe6 Nun freilich droht Db3+ nebst Dxc3+ mit Karacho, weswegen Weiß b3 deckt. 26. Dc2 Dc4 Droht Sd3+ mit Damengewinn. 27. Td1 Alles gedeckt?! b4!! Im Gegenteil, alles vorbei! Die weiße Königsstellung wird jetzt wie mit einem Flaschenöffner aufgeknackt. Rétis Bauernopfer bezieht ein Turmopfer auf b4 ein, falls Weiß jetzt auf b4 nimmt. 28. Le1 Leider nimmt er nicht auf b4. Aber der Textzug kommt im Prinzip der Resignation gleich. Übrigens zieht jetzt seit dem 11. Zug zum ersten Mal wieder dieser Läufer. xa3+ Landau hat den richtigen Zeitpunkt zum Aufgeben bereits verpasst. Réti kann jetzt gewinnen wie er will. Auch Txa3 reichte locker. Der Rest ist Schweigen des Kommentators. 29. Kc1 Sb3+ 30. Kb1 Tb8 31. Da2 Sd4+ 32. Kc1 Se2+ Natürlich könnte ich auch hier wieder eine Liste von Punkten aufstellen, was man alles aus dieser Partie lernen kann. Allerdings würde sich gegenüber den bisherigen Listen hier vieles wiederholen (schwache Bauern und schwache Punkte, insbesondere in der Nähe der Königsstellung; Linienöffnung gegen den feindlichen König etc.). Deswegen möchte ich mich hier mal ausnahmsweise auf einen einzigen Aspekt konzentrieren, zu dem die Partie m.E. das meiste Anschauungsmaterial liefert: nämlich den Abtausch. Wann ist ein Abtausch gut und wann sollte er besser vermieden werden? Hier kommt es darauf an, welche Figuren beide Seiten behalten bzw. welche Figuren ihnen anschließend fehlen werden und warum.
Steht man also vor der Wahl einen Abtausch zu tätigen oder zu unterlassen, sollte man gründlich abwägen, was die (nicht) am Leben gelassenen Figuren im späteren Partieverlauf noch leisten könn(t)en.
Hier vermeidet Weiß im 11. Zug den Abtausch seines Lh4 gegen den schwarzen Sf6. Aber der nach g3 gezogene Läufer wird im gesamten weiteren Partieverlauf die Rolle eines unbeteiligten Zuschauers einnehmen, während der schwarze Sf6 später auf e4 und anschließend auf c5 zur Bestform auflaufen wird. Also war der Rückzug falsch, während Weiß mit dem Abtausch eine potentiell untätige Figur losgeworden wäre und eine potentiell gefährliche gegnerische Figur vom Brett entfernt hätte. (Seltsamerweise geht IM Craig Pritchett in seinen Anmerkungen zu dieser Partie über 11. Lg3 kommentarlos hinweg, ganz so als wäre dieser Zug selbstverständlich und es gäbe keine Alternative.)
Réti dagegen zögert im Frühstadium der Partie, seinen Lb4 gegen den weißen Sc3 zu tauschen, obwohl der dem Weißen damit einen Doppelbauern verschafft hätte. Offenbar wollte er sich von seinem schwarzfeldrigen Läufer nicht so gerne trennen bzw. die Fesselung noch aufrecht erhalten. Nach dem weißen Fehlzug 12. 0-0-0 entschied Réti, dass sein Springer überleben sollte (weil er, sollte er auf e4 angerempelt werden, das unvertreibbare Feld c5 zur Verfügung hatte), während er auf seinen Lb4 in der Folge gut verzichten konnte. Ein Verzicht auf den Abtausch kam in diesem Fall übrigens nicht in Betracht (der weiße Sc3 wäre sonst zu aktiv geworden), nur die Wahl zwischen zwei Abtauschmöglichkeiten.
Mit dem Abtausch 17. Lxg6 tauschte Weiß zwar einen passiven Läufer gegen einen aktiven Springer, doch fehlte ihm anschließend der Läufer zur Bewachung der weißen Felder in der Nähe seiner Königsstellung. Manchmal kann es also auch sinnvoll sein, passiv stehende Figuren zu behalten, nämlich dann, wenn sie wichtige Felder (oder Bauern) decken. In diesem konkreten Fall allerdings hatte Weiß nur noch die Wahl zwischen zwei Übeln (bei Verzicht auf den Abtausch wäre der schwarze Sg6 über e5 stark ins Spiel gekommen).
Oli1970 - 08. Nov '18
Hui, sehr interessantes Thema, das Du da aufgemacht hast! Die Partie selbst ist wie immer in dieser Reihe sehr gut nachzuvollziehen und klasse erklärt. Richtig tiefsinnig sind die Fragen und Erläuterungen im Nachspann.
Das sind genau die Fragen, die ich mir am Brett auch immer stelle - ist der Tausch jetzt gut, soll ich mit Springer oder Läufer schlagen, was bringt mir die Figur jetzt und später? Dummerweise stellt sich die richtige Antwort meistens erst raus, wenn das Spiel gelaufen ist.
Gerade in einer Stellung wie im 11. Zug hier finde ich die Beurteilung sehr schwer. Der Rückzug auf g3 ist eigentlich folgerichtig, da Landau mit 7. Lh4 die Entscheidung getroffen hat, nicht zu schlagen. Andererseits muss man dann das vorherige Lg5 schon in Frage stellen. Aber wie soll man in diesem frühen Stadium erkennen, dass der Läufer keinen Nutzen mehr bringen wird? Ich stelle fest: Schach und Lotto scheinen Gemeinsamkeiten zu haben. Wenn man nur die Zahlen der nächsten Woche kennen würde ...
Die lange Rochade stellt dann einige Weichen, war so richtig übel. Aber gut für uns, weil sie uns voran im Thema der Abtausche bringt. Natürlich hat Réti richtig entschieden. Lxc3 ist stärker als Sxc3. Ich habe lediglich das winzige Problem, im laufenden Spiel zu erkennen, warum. Sxc3 ist ja nicht wirklich schlecht; bxc3 und nachfolgendes La3+ bringt den König auf d2, die Turmlinie ist verstellt, der König sollte sich da vielleicht auch nicht dauerhaft einrichten. Klingt doch auch gut! Warum Kd2? Weil ich mich mit Kb1 unwohl gefühlt hätte. Bauchentscheidung. Wie die Frage, mit welcher Figur zu tauschen ist. Ich glaube, da gehört auch viel positionelles Verständnis - oder schlicht viel Erfahrung - dazu, solche Züge zu entscheiden. Oder taugt doch schon der allgemeine Grundsatz, dass der Springer eine ideale Blockadefigur für Isolani und Doppelbauer und als solche flexibler als der Läufer ist, für alle Lebenslagen?
Schade für Landau, dass die Partie so schlecht für ihn gelaufen ist. Schlechte Züge wurden gnadenlos abgestraft. Die schwarze Stellung sah zu jeder Zeit solider aus, Weiß kam gar nicht dazu zu zeigen, welchen Plan er in seinem Spiel hatte. Praktisch von Anfang an war er in der Defensive. Das Endspiel hat mir super gut gefallen. Das war schön anzusehen, wie Réti auf Angriff umschaltete und die Stellung immer weiter aufgeknackte. Nach den "denkwürdigen" Zügen nochmal richtiges Action-Kino!
Vielen Dank für die Partie und noch mehr für den langen Nachspann, der mich noch um einiges mehr zum Nachdenken anregte. Die Antwort auf alle Fragen habe ich auch gefunden. Sie lautet "42". ;-)
Das sind genau die Fragen, die ich mir am Brett auch immer stelle - ist der Tausch jetzt gut, soll ich mit Springer oder Läufer schlagen, was bringt mir die Figur jetzt und später? Dummerweise stellt sich die richtige Antwort meistens erst raus, wenn das Spiel gelaufen ist.
Gerade in einer Stellung wie im 11. Zug hier finde ich die Beurteilung sehr schwer. Der Rückzug auf g3 ist eigentlich folgerichtig, da Landau mit 7. Lh4 die Entscheidung getroffen hat, nicht zu schlagen. Andererseits muss man dann das vorherige Lg5 schon in Frage stellen. Aber wie soll man in diesem frühen Stadium erkennen, dass der Läufer keinen Nutzen mehr bringen wird? Ich stelle fest: Schach und Lotto scheinen Gemeinsamkeiten zu haben. Wenn man nur die Zahlen der nächsten Woche kennen würde ...
Die lange Rochade stellt dann einige Weichen, war so richtig übel. Aber gut für uns, weil sie uns voran im Thema der Abtausche bringt. Natürlich hat Réti richtig entschieden. Lxc3 ist stärker als Sxc3. Ich habe lediglich das winzige Problem, im laufenden Spiel zu erkennen, warum. Sxc3 ist ja nicht wirklich schlecht; bxc3 und nachfolgendes La3+ bringt den König auf d2, die Turmlinie ist verstellt, der König sollte sich da vielleicht auch nicht dauerhaft einrichten. Klingt doch auch gut! Warum Kd2? Weil ich mich mit Kb1 unwohl gefühlt hätte. Bauchentscheidung. Wie die Frage, mit welcher Figur zu tauschen ist. Ich glaube, da gehört auch viel positionelles Verständnis - oder schlicht viel Erfahrung - dazu, solche Züge zu entscheiden. Oder taugt doch schon der allgemeine Grundsatz, dass der Springer eine ideale Blockadefigur für Isolani und Doppelbauer und als solche flexibler als der Läufer ist, für alle Lebenslagen?
Schade für Landau, dass die Partie so schlecht für ihn gelaufen ist. Schlechte Züge wurden gnadenlos abgestraft. Die schwarze Stellung sah zu jeder Zeit solider aus, Weiß kam gar nicht dazu zu zeigen, welchen Plan er in seinem Spiel hatte. Praktisch von Anfang an war er in der Defensive. Das Endspiel hat mir super gut gefallen. Das war schön anzusehen, wie Réti auf Angriff umschaltete und die Stellung immer weiter aufgeknackte. Nach den "denkwürdigen" Zügen nochmal richtiges Action-Kino!
Vielen Dank für die Partie und noch mehr für den langen Nachspann, der mich noch um einiges mehr zum Nachdenken anregte. Die Antwort auf alle Fragen habe ich auch gefunden. Sie lautet "42". ;-)
haribo02 - 09. Nov '18
Sehr schöne Partie, wie immer super erklärt ( das muss man , glaube ich, nicht mehr betonen;-)) und sehr lehrreich!
Das Hauptthema, also tauschen, nicht tauschen , wann
tauschen, stellt für jeden Spieler eine hohe Herausforderung dar !
Und wie es hier in die Partie geschieht, eben mit recht.
Der Tausch auf f6 wäre absolut nötig gewesen, und ich
behaupte dass nach 11.Lg3, der Gegenzug Se4 voraussehbar war, auch für uns Amateure !
Danach ist das Spiel für Landau verloren, Reti demonstriet hier Angriffskunst .
LG haribo02
Das Hauptthema, also tauschen, nicht tauschen , wann
tauschen, stellt für jeden Spieler eine hohe Herausforderung dar !
Und wie es hier in die Partie geschieht, eben mit recht.
Der Tausch auf f6 wäre absolut nötig gewesen, und ich
behaupte dass nach 11.Lg3, der Gegenzug Se4 voraussehbar war, auch für uns Amateure !
Danach ist das Spiel für Landau verloren, Reti demonstriet hier Angriffskunst .
LG haribo02
Oli1970 - 10. Nov '18
Ja, Se4 lag in der Luft. Es ist bezeichnend, dass Réti seinerseits nicht im weiteren Verlauf den Läufer schlug. Er hat wohl auch geahnt, dass der Lg3 keine Rolle spielen würde und konzentrierte sich auf seinen eigenen Spielplan.
Über dieses Thema - wie tausche ich richtig - würde ich gerne mehr erfahren. Z. B., gibt es Indizien, ob sich eine Stellung öffnen wird oder geschlossen bleibt, wenn a) die Partie sich in einem frühen Stadium befindet und b) mir die Eröffnung unbekannt ist? Das ist bei mir der Regelfall, woran mache ich also in unbekannten Gefilden fest, ob ich eher den Springer oder eher den Läufer behalten sollte? Die grundsätzlichen Entscheidungshilfen sind schon klar. Mein Problem ist eher zu erkennen, wie sich eine Partie mit hinreichender Wahrscheinlichkeit entwickeln wird.
Schade, dass offenbar ich der einzige hier mit diesen spielerischen Mängeln bin. ;-) Wo sind sie alle, die mich hier mal einweihen könnten?
Über dieses Thema - wie tausche ich richtig - würde ich gerne mehr erfahren. Z. B., gibt es Indizien, ob sich eine Stellung öffnen wird oder geschlossen bleibt, wenn a) die Partie sich in einem frühen Stadium befindet und b) mir die Eröffnung unbekannt ist? Das ist bei mir der Regelfall, woran mache ich also in unbekannten Gefilden fest, ob ich eher den Springer oder eher den Läufer behalten sollte? Die grundsätzlichen Entscheidungshilfen sind schon klar. Mein Problem ist eher zu erkennen, wie sich eine Partie mit hinreichender Wahrscheinlichkeit entwickeln wird.
Schade, dass offenbar ich der einzige hier mit diesen spielerischen Mängeln bin. ;-) Wo sind sie alle, die mich hier mal einweihen könnten?
Vabanque - 10. Nov '18
Die schauen momentan alle auf die WM ... hoff ich zumindest mal ;-)