Kommentierte Spiele
Die Vergessenen (III): Mecking
Vabanque - 17. Okt '16
Wie ich schon in einem Beitrag zur Charousek-Partie schrieb, dachte Fischer seinerzeit, er werde seinen nächsten WM-Kampf gegen den damals jungen Brasilianer Henrique Mecking (geb. 1952) bestreiten müssen. 1978 lag Mecking auf Platz 3 der Weltrangliste hinter Karpov und Kortschnoi. Kurz darauf wurde er allerdings schwer krank und musste das Turnierschach völlig einstellen; es hieß sogar, er sei dem Tode nahe. Doch manchmal geschehen tatsächlich Wunder, und so kam es, dass Mecking 12 Jahre später genesen ans Turnierbrett zurückkehren konnte. Zwar vermochte er nicht ganz an seine früheren Erfolge anzuknüpfen, doch hat er auch jetzt, im Alter von 64 Jahren, noch eine Elo-Zahl von über 2600, was ziemlich bemerkenswert ist.
Zudem ist er der einzige mir bekannte Schach-GM, der katholischer Priester ist :)
Hier kommt eine Partie aus seiner Glanzzeit, ein Schwarzsieg gegen den UdSSR-Meister von 1971, Vladimir Sawon, der allerdings heute wohl noch gründlicher vergessen ist als Mecking.
Obwohl - wie C77 sofort wieder anmerken wird ;) - das weiße Eröffnungsspiel hier ziemlich schwach war, habe ich diese Partie trotzdem Meckings Schwarzsieg gegen Ex-Weltmeister Smyslov vorgezogen, da die gezeigte Partie viel leichter verständlich ist und einige ebenso schöne wie lehrreiche taktische Wendungen enthält.































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Zudem ist er der einzige mir bekannte Schach-GM, der katholischer Priester ist :)
Hier kommt eine Partie aus seiner Glanzzeit, ein Schwarzsieg gegen den UdSSR-Meister von 1971, Vladimir Sawon, der allerdings heute wohl noch gründlicher vergessen ist als Mecking.
Obwohl - wie C77 sofort wieder anmerken wird ;) - das weiße Eröffnungsspiel hier ziemlich schwach war, habe ich diese Partie trotzdem Meckings Schwarzsieg gegen Ex-Weltmeister Smyslov vorgezogen, da die gezeigte Partie viel leichter verständlich ist und einige ebenso schöne wie lehrreiche taktische Wendungen enthält.
Vladimir Savon Henrique Mecking Petropolis Interzonal | Petropolis BRA | 7 | 1973.08.02 | B96 | 0:1
8








7








6
5
4
3
2








a
1

b

c

d

e

f

g

h

1. e4 c5 2. Sf3 d6 3. d4 xd4 4. Sxd4 Sf6 5. Sc3 a6 Die damals wie heute viel gespielte Najdorf-Variante. 6. Lg5 e6 7. f4 Sbd7 8. De2 Ein damals noch ziemlich unerprobter Zug; Df3 war und ist Standard an dieser Stelle. Dc7 9. g4?! Passt wohl nicht so richtig gut ins System. Da er nicht zum Angriff gelangt, wird Weiß die damit verbundene Schwächung der Bauernstellung noch bitter bereuen. Er sollte einfach lang rochieren. b5 10. a3 Um b4 zu verhindern. Le7 11. Lg2 Lb7 12. O-O-O Tc8 Mecking hat mühelos alle seine Figuren auf gute Plätze stellen können (ein Umstand, der nicht gerade für den weißen Aufbau spricht); die Rochade schiebt er wohlweislich noch auf. (Sie wird sich sogar als völlig überflüssig erweisen, aber das konnte an dieser Stelle keiner der beiden Spieler vorausahnen.) 13. Lh4?! Weiß findet offenbar keinen günstigen Plan; auch wenn der Zug sicherlich kein direkter Fehler ist, die ungedeckte Stellung des Lh4 wird sich bald als fatal erweisen. Wenn Weiß schon nichts einfällt, dann sollte er einfach den in solchen Stellungen üblichen Sicherungszug Kb1 spielen. Dc4! Mecking strebt den Damentausch an, da danach die weißen Bauern schwach werden. 14. Dxc4?! Txc4 Nach dem Damentausch entsteht nun nicht etwa ein ruhiges Endspiel, sondern ein eigenartiges damenloses Mittelspiel, in dem sich die Verwicklungen schnell zuspitzen; das Zentrum wird sich ganz schnell in einen verwirrenden Tummelplatz vor allem der Leichtfiguren verwandeln. 15. Lf3?! Soll den g-Bauern decken, aber der Zug erweist sich jedenfalls als unzureichend. Wahrscheinlich war h3 besser, oder auch The1, weil dann ähnlich wie in der Anmerkung zum 14. Zug von Weiß sich Schwarz gar nicht auf g4 bedienen dürfte. Sc5! Greift e4 noch einmal an. Wahrscheinlich hatte Weiß dies aber wegen seinem nächsten Zug nicht für möglich gehalten; der Zug dürfte für Sawon also eine Überrraschung gewesen sein. 16. Le2
Erobert scheinbar den abgeschnittenen Turm c4. Aber auch 16. The1 wäre hier keine Deckung für e4 gewesen, weil dann wegen des ungedeckten Lh4 Sxe4! ginge. Im vorigen Zug wäre dieses Schlagen noch nicht möglich gewesen, weil Weiß darauf Lxe4! hätte antworten können, und der schwarze Lb7 gehangen hätte, was jetzt (nach Sc5) nicht mehr der Fall ist.
Sxe4! Jetzt hängt nicht nur der weiße Lh4, sondern nach einem Wegzug des Se4 (z.B. mittels Sxc3) auch der weiße Th1. 17. Sxe4 Lxe4 18. Lxe7 Doch nun? Sb3+!! Der vorbereitete Knalleffekt, der durch den plötzlich auf e4 aufgetauchten Läufer möglich wurde. 19. Kb1 Txd4 Jetzt aber geht das, und wie Weiß auch spielt, er bleibt immer mindestens mit einer Qualität im Rückstand. Das hatte Mecking alles bei seinem 15. Zug schon so ausgerechnet; angesichts der vielen Schlagmöglichkeiten, die sich bei jedem Zug seitdem boten, eine erstaunliche Leistung. 20. Lxd6 Lxh1 21. xb3 Txd1+ 22. Lxd1 Kd7 Der Pulverdampf hat sich verzogen, das Endspiel ist für Schwarz technisch gewonnen. Eine Rochade ist immer noch nicht möglich, aber auch nicht mehr nötig. 23. Le5 f6 24. Lc3 Le4+ 25. Ka2?! Der König begibt sich freiwillig in die Todeszelle; Kc1 hätte die Partie länger andauern lassen, aber so gibt es wenigstens noch ein schönes Mattfinale fürs Auge. Kc6 26. a4 Td8 27. Le2 e5 Der Bauer wird geopfert, um mit dem Turm auf die 2. Reihe eindringen zu können. Natürlich könnte Weiß ablehnen, aber dann hätte Schwarz einen Freibauern. Sawon versucht als letzte Hoffnung so viele Bauern zu tauschen wie möglich, doch das nützt ihm nichts, da Mecking bereits an einem Mattnetz webt. 28. xe5 xe5 29. Lxe5 Td2 30. Lf1 Td1 31. xb5+ xb5 32. Lh3 b4! Schließt die Käfigtür. 33. Lxg7 Td7 Matt auf der a-Linie ist nun unausweichlich. Weiß gab auf.
Kellerdrache - 17. Okt '16
Sehr schön. Erstaunlich ist wie schnell nach dem Zusammenbruch des weißen Zentrums der Königsangriff durchdringt. Die weiße Eröffnung ist sicher etwas suspekt. Auch wenn die Dame auf e2 erstmal nicht so schlecht aussieht so schränkt sie die schwarzen Züge, vor allem den üblichen Vorstoß mit b5 überhaupt nicht ein. g4 sieht ebenfalls in Verbindung mit dem Lg5 seltsam aus. Der Läufer steht dem eigenen Angriff im Weg. Im Gegensatz dazu macht jeder Entwicklungszug von Mecking Sinn. Die Schwäche des weißen Aufbaus zeigt sich, wie du ja auch selber schon angedeutet hast darin das Schwarz seinen König ohne Angst im Zentrum lassen kann.
Von Mecking wirklich elegant und sehr effektiv gespielt. Auch seine anderen Partien zeichnen sich oft durch die Klarheit des Spiels aus.
Von Mecking wirklich elegant und sehr effektiv gespielt. Auch seine anderen Partien zeichnen sich oft durch die Klarheit des Spiels aus.
Colorado77 - 18. Okt '16
Hallo,
erst mal super ausgewählte Partie dieses Mal.
Grosses Lob! Eine Art Modellpartie wie Schwarz gegen xe4 vorgeht unter Nutzung der c-Linie.
De2 ist übrigens kein schlechter Zug oder dubios. Er holt auf im Gegensatz zu Df3.
GM Negi wählt ihn sogar zu der Mainline in seiner GM Repertoire Series!
Was mir auch neu war: Negi scheint nicht der Urheber zu sein.
Der leider viel zu unbekannte italien. GM Kevin Spragett - heuer in Kanada lebend - ein sehr erfinderischer GM, hat schon früher Analysen dazu gemacht:
spraggettonchess.com/todays-gm-vampire-advice/
Toller Schachspieler, zu dem ich mal eine Partie bringen muss!
Jüngst hat Kramnik im Tal Memorial übrigens diese Gelfand Variante gehabt.
Schwach war nur Lh4, richtig Lxf6 nebst masivem Aufmarsch mittels h4 und g5.
Eine tolle Partie und tolle Kommentare von Vabanque!!
erst mal super ausgewählte Partie dieses Mal.
Grosses Lob! Eine Art Modellpartie wie Schwarz gegen xe4 vorgeht unter Nutzung der c-Linie.
De2 ist übrigens kein schlechter Zug oder dubios. Er holt auf im Gegensatz zu Df3.
GM Negi wählt ihn sogar zu der Mainline in seiner GM Repertoire Series!
Was mir auch neu war: Negi scheint nicht der Urheber zu sein.
Der leider viel zu unbekannte italien. GM Kevin Spragett - heuer in Kanada lebend - ein sehr erfinderischer GM, hat schon früher Analysen dazu gemacht:
spraggettonchess.com/todays-gm-vampire-advice/
Toller Schachspieler, zu dem ich mal eine Partie bringen muss!
Jüngst hat Kramnik im Tal Memorial übrigens diese Gelfand Variante gehabt.
Schwach war nur Lh4, richtig Lxf6 nebst masivem Aufmarsch mittels h4 und g5.
Eine tolle Partie und tolle Kommentare von Vabanque!!
Colorado77 - 18. Okt '16
Ergänzung: Wie gefährlich das Ganze (Bauernsturm) ist, hat schon Spassky gezeigt:
Spassky,B–Tatarinzev im Jahr 1960!
Einfach o.a. Link nach unten scrollen :-)
Spassky,B–Tatarinzev im Jahr 1960!
Einfach o.a. Link nach unten scrollen :-)