Kommentierte Spiele
Eva Moser als Spielerin
Kellerdrache - 27. Apr '19
Vor nicht allzu langer Zeit starb die österreichische Schachspielerin Eva Moser mit gerade 36 Jahren an Leukämie.
Die Meisten hier werden sie vermutlich durch ihre Chessbase DVDs zum Königsgambit und zum sogenannten Alt-Indisch (d4 c5) kennen, die durchaus zu den besseren Beispielen auf dem Markt gehören. Moser ist nicht nur fachkundig, sondern konnte ihr Thema auch charmant und unterhaltsam vermitteln.
Das sie auch am Brett Aufmerksamkeit verdiente möchte ich mit der nachfolgenden Partie zeigen in der Schach mal wieder ganz furchtbar einfach aussieht.































PGN anzeigen
Die Meisten hier werden sie vermutlich durch ihre Chessbase DVDs zum Königsgambit und zum sogenannten Alt-Indisch (d4 c5) kennen, die durchaus zu den besseren Beispielen auf dem Markt gehören. Moser ist nicht nur fachkundig, sondern konnte ihr Thema auch charmant und unterhaltsam vermitteln.
Das sie auch am Brett Aufmerksamkeit verdiente möchte ich mit der nachfolgenden Partie zeigen in der Schach mal wieder ganz furchtbar einfach aussieht.
Simona Limontaite Eva Moser WGM Turnier Graz | Brauhaus Puntigam, Graz | 6 | 2010.09.02 | A43 | 0:1
8








7








6
5
4
3
2








a
1

b

c

d

e

f

g

h

1. d4 c5 2. d5 d6 3. c4 g6 GMs schreiben viele Bücher oder machen Videos über Eröffnungen, die sie zwar kennen aber nicht unbedingt selber spielen. Eva Moser hat eine interessante Chessbase DVD über das mit 1.d4 c5 startende System gemacht. Sie war hier aber nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch unterwegs, da sie das System gerne selber spielte 4. Sc3 Lg7 Bis hierhin könnte sich das Ganze noch zu einer modernen Benoni Partie entwickeln. Sf6, kurze Rochade, e6 und dann auf d5 tauschen wäre der entsprechende Plan 5. Dc2 sieht ein wenig nach Zeitverschwendung aus. Die Schwarze wird kaum den Fianchetto-Läufer für den Springer geben. Doppelbauer hin oder her. Sofort e4 oder Sf3 sagen mir mehr zu, aber ich bin da gerne fur Belehrungen empfänglich. e6 6. Sf3 Se7 Hier verlässt Moser die moderne Benoni Strasse. Se7 hat gegenüber Sf6 sowohl Vor- wie Nachteile. Von e7 wird kein Druck auf e4 ausgeübt, was bei Benoni ja ein klassisches Motiv ist (exd5, nebst Te8 würden folgen). Auf der anderen Seite bleibt die Diagonale des schwarzen Fianchettoläufers offen 7. e4 O-O 8. Ld3 xd5 9. xd5 f5 klassische Benoni Strategie wäre es hier ein Vorgehen am Damenflügel mit b5 vorzubereiten. f5 macht Druck auf e4, was allerdings auch mehr als ausreichend überdeckt ist 10. O-O f4 dieser Zug überraschte mich ziemlich, da ich davon ausging das sich f5 gegen e4 richtete. Auf f4 behindert der Bauer sicher die weißen Figuren, doch einen konkreten Plan für die Nachziehende konnte ich nicht entdecken. Wie Moser hier eine Angriff aufbaut ist durchaus interessant zu sehen. Der vorgerückte Bauer wird belagert. Direkt gedeckt werden kann er nur durch 11...Le5, was nach dem Tausch auf e5 aus d5 einen starken Freibauern machen würde oder 11... Lh6, was den Läufer auf eine ziemlich bescheidene Diagonale überführt 11. Se2 g5 eine originelle Lösung. Schwarz gibt einen Bauern um den wichtigen Keil f4 zu erhalten. Außerdem kämpft sie mit ihrem Plan um das wichtige Feld e5 12. Sxg5 Sg6 deckt f4, wirft ein Auge auf e5 und greift den Sg5 an 13. Sf3 Lg4 will auf f3 tauschen, wodurch man Weiß ein Loch in die Königsfestung macht und den Springer mit Tempo auf e5 überführen kann 14. Kh1 Lxf3 15. xf3 Sd7 die schwarzen Damenflügelfiguren greifen wichtig ins Geschehen ein. Der Sd7 plant Sd7-e5-f3. Notfalls kann der Druck noch durch den anderen Springer mit Sh4 verstärkt werden 16. e5 ein Opfer um das Feld e4 fur den Ld3 freizumachen Sxe5 17. Le4 Dh4 das Feld h4 ist nur eine Zwischenstation für die Dame, die von h5 oder h3 zusätzlichen Druck auf f3 machen kann 18. Ld2 Dh5 19. Db3 b5 Sicher ist der Bauer ungedeckt und könnte einfach von der weißen Dame geschlagen werden, doch dazu müsste sie eben auch die Deckung von f3 aufgeben 20. Tg1 a5 21. Tg2 dient der Deckung von h2. Da sich f3 auf die Dauer nicht halten lässt und dann dort ein schwarzer Springer mit Angriff auf den h-Bauern auftaucht ist das eine notwendige Vorbeugung a4 22. Dc2 ein verdeckter Angriff auf den f4-Bauern Sxf3 23. Lxg6 beseitigt eine Deckung des vorgezogenen Bauern, der ja durch Ld2 und Se2 zweimal angegriffen ist xg6 24. Lxf4 gewinnt nicht nur einen Bauern, sondern deckt auch h2 noch einmal. Ist der schwarze Angriff also vorbei ? Leider hat die weiße Stellung inzwischen mehr als nur eine Schwäche und Moser hat keine Problem mit einer kleinen Umgruppierung die Attacke am Leben zu erhalten Sh4 25. Tg3 Tae8 ein weiterer Angreifer wird herangeführt und mit dem Se2 eine zusätzliche Schwäche aufgezeigt 26. Le3 Dxd5+ 27. Kg1 Sf3+ 28. Kf1 Txe3 besser als das einfache Sxh2
Hasenrat - 27. Apr '19
Vielen Dank, SF Kellerdrache, für diese Partiekommentierung zum Gedenken aus aktuellem traurigen Anlass. Werde mir dies sehr gern in aller Ruhe zu Gemüte führen.
Tschechov - 27. Apr '19
Mit 1. d4 c5 bin ich jüngst zum ersten mal selbst konfrontiert worden (die Partie läuft noch). Schon von daher aufschlußreich für mich.
Oli1970 - 28. Apr '19
Der heutige Tag gehörte erstmal dieser Partie, auf die ich schon seit der Ankündigung neugierig warte. Frauenschach ist hier unterrepräsentiert und allein deshalb eine nette Abwechslung. Auch wenn ich natürlich nicht wüsste, wie ich anhand der Partie unterscheiden sollte, welches Geschlecht die Menschen am Tisch hatten. :-)
10...f4 gibt Weiß zunächst starken Vorteil, es wäre sicher interessant zu wissen, wie Mosers konkreter Plan aussah und ob er Lücken gehabt hätte. Limontaite hat daraus nichts gemacht. Statt 13. Sf3 zu spielen, hätte sie 13. Se6 probieren können:
13. Se6 Lxe6 (praktisch erzwungen!) 14. dxe6 mit einem starken Bauern und nachfolgendem 15. Lc4 wäre eine schöne Linie gewesen. Es droht e6-e7+ mit Damengewinn. Stattdessen wendet sich das Blatt mit dem Spielzug.
Der Sinn hinter 16. e5 hat sich mir mit Verspätung erschlossen. Die Frage lautet ja, warum Weiß den Läufer auf e4 haben will. Vermutlich ging es darum, den Bf3 zu stützen, damit Se5 nicht auf f3 einschlägt und damit g1 und h2 unter Kontrolle bringt. Schwarzes Dh4 lag bereits in der Luft. Vielleicht wäre Se2-g1 besser gewesen, um sowohl f3 als auch h3 zu sichern.
Dieser Abschnitt der Partie ist interessant - Schwarz arbeitet sich immer weiter in die Königsstellung vor, während Weiß zwar um Verteidigung bemüht ist, jedoch keine optimalen Züge findet. So ist 18. Ld2 auch schon der Anfang vom Ende. Im 20. Zug fragte ich mich jedoch, warum Moser statt a5 nicht einfach c4 gespielt hat und prüfte das mit dem Rechner. Der zeigt auch einen starke Fortsetzung des Angriffs:
20... c4 21.Da3 Sd3 22. Lxd3 Dxf3+ Tg2 cxd3
Allerdings muss man zugestehen, dass der entstehende Bauernwall hübsch anzusehen ist. :-)
Insgesamt eine schöne sonntägliche Beschäftigung. Ich bin gespannt, ob / was Hasenrat dazu schreibt - Du hast vor ein paar Wochen Dein Bedauern geäußert und angedeutet, dass Du sowohl die DVD zur Eröffnung von Eva Moser kennst als auch dass Dein Repertoire darauf fußt.
Schönen Restsonntag!
10...f4 gibt Weiß zunächst starken Vorteil, es wäre sicher interessant zu wissen, wie Mosers konkreter Plan aussah und ob er Lücken gehabt hätte. Limontaite hat daraus nichts gemacht. Statt 13. Sf3 zu spielen, hätte sie 13. Se6 probieren können:
13. Se6 Lxe6 (praktisch erzwungen!) 14. dxe6 mit einem starken Bauern und nachfolgendem 15. Lc4 wäre eine schöne Linie gewesen. Es droht e6-e7+ mit Damengewinn. Stattdessen wendet sich das Blatt mit dem Spielzug.
Der Sinn hinter 16. e5 hat sich mir mit Verspätung erschlossen. Die Frage lautet ja, warum Weiß den Läufer auf e4 haben will. Vermutlich ging es darum, den Bf3 zu stützen, damit Se5 nicht auf f3 einschlägt und damit g1 und h2 unter Kontrolle bringt. Schwarzes Dh4 lag bereits in der Luft. Vielleicht wäre Se2-g1 besser gewesen, um sowohl f3 als auch h3 zu sichern.
Dieser Abschnitt der Partie ist interessant - Schwarz arbeitet sich immer weiter in die Königsstellung vor, während Weiß zwar um Verteidigung bemüht ist, jedoch keine optimalen Züge findet. So ist 18. Ld2 auch schon der Anfang vom Ende. Im 20. Zug fragte ich mich jedoch, warum Moser statt a5 nicht einfach c4 gespielt hat und prüfte das mit dem Rechner. Der zeigt auch einen starke Fortsetzung des Angriffs:
20... c4 21.Da3 Sd3 22. Lxd3 Dxf3+ Tg2 cxd3
Allerdings muss man zugestehen, dass der entstehende Bauernwall hübsch anzusehen ist. :-)
Insgesamt eine schöne sonntägliche Beschäftigung. Ich bin gespannt, ob / was Hasenrat dazu schreibt - Du hast vor ein paar Wochen Dein Bedauern geäußert und angedeutet, dass Du sowohl die DVD zur Eröffnung von Eva Moser kennst als auch dass Dein Repertoire darauf fußt.
Schönen Restsonntag!
Hasenrat - 28. Apr '19
Sicherlich eine typische Moser-Partie in diesem System. Ich selbst bevorzuge eher den tschechischen Aufbau darin mit totaler Verrammelung des Zentrums mit e5-d6-c5.
Allerdings findet man auch hier die typischen Pläne u. Motive, v.
a. über die f-Linie, gleichzeitiges Vorgehen am Königs- wie Damenflügel.
e6, als Bauernhebelansatz, u. Fianchetto kann schnell sehr taktisch werden (gerade dann auch im Zentrum, erinnere schemenhaft einschlägige Varianten über die d-Linie), ist aber sicher ambitionierter u. moderner...
Die zwei Bauern-Phalanxen h7-g6-f5 u. d6-c5 erinnern an die Clarendon Court-Variante (d4 c5, d5 f5) - dann wieder an den holländischen Leningrader, wenn nicht schon c5 gespielt u. der Springer auf f6 postiert wäre. Aber die "holländische Lanze" f4 haben wir hier auch. ;-), wenn sie auch sehr überraschend kommt u. erst mal ins Leere zu zielen scheint.
Alles in allem ein interessanter Motivmix dieser Systeme, die mir sympathisch sind, die ich aber nicht so recht beherrsche bislang. Ich arbeite aber dran ...^^
Allerdings findet man auch hier die typischen Pläne u. Motive, v.
a. über die f-Linie, gleichzeitiges Vorgehen am Königs- wie Damenflügel.
e6, als Bauernhebelansatz, u. Fianchetto kann schnell sehr taktisch werden (gerade dann auch im Zentrum, erinnere schemenhaft einschlägige Varianten über die d-Linie), ist aber sicher ambitionierter u. moderner...
Die zwei Bauern-Phalanxen h7-g6-f5 u. d6-c5 erinnern an die Clarendon Court-Variante (d4 c5, d5 f5) - dann wieder an den holländischen Leningrader, wenn nicht schon c5 gespielt u. der Springer auf f6 postiert wäre. Aber die "holländische Lanze" f4 haben wir hier auch. ;-), wenn sie auch sehr überraschend kommt u. erst mal ins Leere zu zielen scheint.
Alles in allem ein interessanter Motivmix dieser Systeme, die mir sympathisch sind, die ich aber nicht so recht beherrsche bislang. Ich arbeite aber dran ...^^
Oli1970 - 29. Apr '19
Ich sehe, Du hast Dich eingehend mit den Systemen auseinander gesetzt. Selber frage ich mich, wie man altes und modernes Benoni treffsicher unterscheidet. Hier ist das moderne wohl durch Zugumstellung aus dem alten entstanden, oder?
Insgesamt scheint mir Benoni generell mit viel Lernaufwand verbunden. Ein weiteres Feld, dass mir verschlossen bleiben wird. ;-)
Insgesamt scheint mir Benoni generell mit viel Lernaufwand verbunden. Ein weiteres Feld, dass mir verschlossen bleiben wird. ;-)
Hasenrat - 29. Apr '19
Das Alte beginnt direkt mit c5, ja. Eine Frage der Zugumstellung u. der Behandlung, würde ich sagen.
Theorielastig? Nein, würde ich eher verneinen. Eva Moser untertitelte ihre Lehr-DVD selbst mit: "Phantasie statt Theorie. " :-)
Theorielastig? Nein, würde ich eher verneinen. Eva Moser untertitelte ihre Lehr-DVD selbst mit: "Phantasie statt Theorie. " :-)
Kellerdrache - 29. Apr '19
@Oli1970: Ich glaube modernes Benoni ist nicht so schwer zu identifizieren. Dabei geht es weniger darum in welchem Zug man jetzt c5 spielt, sondern um einen bestimmten Aufbau. Zum modernen Benoni gehört dabei, nach meinem Wissensstand: Schwarzer Läufer wird fianchettiert, e-Linie wird durch Tausch auf d5 geöffnet, danach kombiniert Schwarz Druck auf der e-Linie (z.B. mit Sf6, Te8 usw.) mit Angriff auf dem Damenflügel (b5 wird durchgesetzt, beispielsweise durch Züge wie Sa6-c7, Tb8, Ld7 und a6).
In der vorliegenden Partie folgt Moser anfangs sicher dem Benoni-Plan. Sicher auch durch die eher passive Spielweise der Gegnerin motiviert weicht Sie aber dann schnell ab und insziniert einen Königsangriff.
Mir persönlich hat das Bauernopfer g5 gefallen weil das eben so ein Zug ist denn unsereiner nicht so schnell findet. Ohne diesen hätte es aber wohl kaum einen schwarzen Angriff gegeben.
In der vorliegenden Partie folgt Moser anfangs sicher dem Benoni-Plan. Sicher auch durch die eher passive Spielweise der Gegnerin motiviert weicht Sie aber dann schnell ab und insziniert einen Königsangriff.
Mir persönlich hat das Bauernopfer g5 gefallen weil das eben so ein Zug ist denn unsereiner nicht so schnell findet. Ohne diesen hätte es aber wohl kaum einen schwarzen Angriff gegeben.
Oli1970 - 29. Apr '19
Dankeschön für Eure Erläuterungen! :-)
Stimmt, g5 war klasse. Auf die Art f4 (und e5) zu stützen und gleichzeitig Springer und Dame zu aktivieren - eleganter geht es kaum!
Stimmt, g5 war klasse. Auf die Art f4 (und e5) zu stützen und gleichzeitig Springer und Dame zu aktivieren - eleganter geht es kaum!