Kommentierte Spiele
Meister gegen Amateur oder wie man einen GM besiegen kann
Executor - 26. Jun '15
Ein kleiner Beitrag von aus der Rubirk "Meister gegen Amateur"































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Das Wichtigste für mich war:
- Gute Züge machen
- keine Patzer oder Einsteller
- einfach versuchen gut zu spielen und sein bestes zu geben
... und vielleicht klappts dann auch mal mit dem Gewinnen ;-)
Grandmaster John Nunn G. L. Metropolitan Chess Club | 1 | 2015.06.25 | draw
8








7








6
5
4
3
2








a
1

b

c

d

e

f

g

h

Anlässlich des 100. Geburtstag des Metropolitan Chess Clubs London spielte John Nunn 1990 ein Simultanturnier gegen die Vereinsmitglieder und gewann alle Partien. Nun 25 Jahre spaeter gab es eine Neuausgabe des Events und John Nunn stellte sich 25 Mitgliedern des Clubs zu einem Simultantunier. Wird er es diesmal auch schaffen alle Partien zu gewinnen? 1. e4 e5 Ich habe erst wenige Male gegen Grossmeister in Simultanveranstaltungen gespielt. als 15-jähriger anlässlicher der Tour de Schach habe ich ein Remis gegen den damaligen Nationaltrainer Uwe Boensch erreicht. 2. Sf3 Sc6 3. Lb5 a6 4. La4 Sf6 5. O-O b5
Le7 Waere hier die Hauptvariante nachdem Weiss Te1 spielen wird. In der Partie war dies aber aufgrund verfruehtem b5 nicht noetig.
6. Lb3 Le7 7. d4! Nutzt die ungewoehnliche Schwarze Zugfolge. d6 8. c3 Lg4 9. Le3 Sa5 10. Lc2 Sc4 11. Lc1 O-O 12. h3 Lh5 13. b3 Sb6 14. Sbd2 xd4 Ansonsten wird e5 wirklich etwas wackelig 15. xd4 Te8 16. Lb2 c5 17. e5 Sfd5 18. xc5 xc5 bis hierhin hat Weiss es geschafft einen minimalen Vorteil zu bewahren: die beiden Laeufer starren gegen die Schwarze Koenigsstellung und sobald der e5 zieht fuehlt sich Schwarz unwohl - allerdings ist die Stellung bei gutem Schwarzem spiel voelig in Ordnung 19. Se4 gibt Schwarz die Moeglichkeit aktiv zu werden. Sb4 John Nunn verzog das Gesicht und sah dass Er hier keinen Vorteil mehr hat und dachte laenger ueber seinen naechsten Zug nach 20. De2!? 20. Lb1 behaelt das Gleichgewicht
Sxc2 21. Dxc2 Lxf3 22. xf3 Dc8 23. Kh2 Sd5 24. Tg1 Kh8 g6 Die Computerfortsetzung, war mir am Brett aber nicht ganz geheuer - der Lb2 in Verbindung mit Dd2 oder Sf6 sieht doch unangenehm aus.
25. Dd2 Td8 26. Sd6 Laesst eine huebsche Kombination zu die ich einen Zug spaeter ausgeführt habe und Schwarz in ein besseres Endspiel fuehrt. De6 27. Tad1 27. Tae1 mit Ausgleich!
Txd6! "Nach Txd6 dachte ich ich wuerde direkt verlieren. Letzendlich habe ich noch die richtige Verteidigung gesehen." - John Nunn 28. xd6 Lxd6+ 29. Tg3! Lxg3+ 30. xg3 Te8 31. Lxg7+ Schwarz verbleibt am Ende mit einem kleinem Vorteil aufgrund seines aktivem Turms. Wird dieser zum Sieg reichen? Kxg7 32. Dxd5 Dxd5 33. Txd5 Te2+ 34. Kg1 Txa2 35. Txc5 b4 Kandidat voran! Der B-Bauer wird auf der 3. Reihe festgenagelt und evtl. faellt auch etwas am weissen Koenigsfluegel. 36. g4? Ich war überrascht dass ein ELO 2600 GM unsauber im Endspiel spielt. Nunn hatte diesen Zug im Vorbeigehen gemacht. Ta3! gewinnt endlich den Bauern. 37. Tc6 Txb3 38. Txa6 Txf3 39. Kg2?? "Ein katastrophaler Schnitzer - ich habe schlicht die Zugfolge vertauscht." - Nunn Tc3? Mittlerweile waren 3/4 aller Spiele beendet und ich hatte dadurch wenig Bedenkzeit - Ein Grund warum ich den einfachen Gewinnweg nicht gefunden habe. 40. Tb6 b3 41. g5 Ein solches Turmendspiel remis zu halten beherrscht jeder starke GM im Schlaf. Tc2+ 42. Kg3 b2 43. Kg4 Tg2+ 44. Kh5 Tc2 45. h4 Tg2 46. Tb7null Obwohl Weiss optisch besser stand hatte er nie wirklich groesseren Vorteil - Schwarz hat im entscheidenen Moment verpasst den Sack zu zu machen. In meinen Augen geht das Ergebnis in Ordnung: ich habe viel aus der Partie gelernt und nächstes mal ist vielleicht mehr drin. Das Wichtigste für mich war:
- Gute Züge machen
- keine Patzer oder Einsteller
- einfach versuchen gut zu spielen und sein bestes zu geben
... und vielleicht klappts dann auch mal mit dem Gewinnen ;-)
Vabanque - 26. Jun '15
Toller Erfolg!
Und auch eine interessante Partie, gut kommentiert.
Ich wusste gar nicht, dass Nunn noch schachlich aktiv ist. In seiner besten Zeit gehörte er zur Weltspitze, und er ist sicher auch jetzt noch, selbst in einem Simultan, ein gewaltiger Gegner.
Insofern ist dieser Erfolg weit höher einzuschätzen als der damalige gegen Bönsch,
Ein wenig schade natürlich schon, dass du 39. Tf6 nebst Tb6 verpasst hast, aber das passiert halt, wenn man im Zeitdruck ist.
Viel wichtiger war, dass du das ursprünglich geplante 24... Df5 nicht ausgeführt hast :)
Und auch eine interessante Partie, gut kommentiert.
Ich wusste gar nicht, dass Nunn noch schachlich aktiv ist. In seiner besten Zeit gehörte er zur Weltspitze, und er ist sicher auch jetzt noch, selbst in einem Simultan, ein gewaltiger Gegner.
Insofern ist dieser Erfolg weit höher einzuschätzen als der damalige gegen Bönsch,
Ein wenig schade natürlich schon, dass du 39. Tf6 nebst Tb6 verpasst hast, aber das passiert halt, wenn man im Zeitdruck ist.
Viel wichtiger war, dass du das ursprünglich geplante 24... Df5 nicht ausgeführt hast :)
Kellerdrache - 26. Jun '15
Schöne Partie. Auch wenn Dr. Nunn nicht mehr so aktiv ist und die 2600 wohl Geschichte, kann man sich schon was drauf einbilden ein Genie zum Remis gezwungen zu haben. Immerhin hat er, wenn ich mich recht erinnere seinen Doktor der Mathematik mit 18 gemacht und sich nach 3 Jahren Lehrtätigkeit dem Profischach zugewendet weil ihn die höhere Mathematik langweilte.
Carlsen soll mal über ihn gesagt haben: " Der Grund warum jemand wie Dr. Nunn nicht Weltmeister wird, ist das er sich zu schnell langweilt und sich daher nicht ausreichend motivieren kann die nötige Arbeit zu investieren."
Von daher meinen Glückwunsch, vor allem weil die Partie ja eigentlich gewonnen war. Aber das ist das Problem bei Simultanvorstellungen : Anfangs hat man ewig Zeit, aber wenn es drum geht und nur noch 4 oder 5 Leute spielen steht der nervige GM alle 30 Sekunden vor deinem Brett. Ein ehemaliger Vereinskollege hat mal eine Simultanbegegnung gegen Hort verloren obwohl er im Endspiel mit je vier Bauern die Qualität mehr hatte. Also eine zweite Gratulation zu deinen Nerven.
Carlsen soll mal über ihn gesagt haben: " Der Grund warum jemand wie Dr. Nunn nicht Weltmeister wird, ist das er sich zu schnell langweilt und sich daher nicht ausreichend motivieren kann die nötige Arbeit zu investieren."
Von daher meinen Glückwunsch, vor allem weil die Partie ja eigentlich gewonnen war. Aber das ist das Problem bei Simultanvorstellungen : Anfangs hat man ewig Zeit, aber wenn es drum geht und nur noch 4 oder 5 Leute spielen steht der nervige GM alle 30 Sekunden vor deinem Brett. Ein ehemaliger Vereinskollege hat mal eine Simultanbegegnung gegen Hort verloren obwohl er im Endspiel mit je vier Bauern die Qualität mehr hatte. Also eine zweite Gratulation zu deinen Nerven.
Vabanque - 26. Jun '15
Ja, ich hab auch mal auf ähnliche Weise gegen Hort im Simultan eine zuerst bessere, dann ausgeglichene Partie noch verloren.
Habe aber auch den Fehler gemacht, in ein 'Remisendspiel' abzutauschen, das Hort mit seiner Technik natürlich gewann ...
Habe aber auch den Fehler gemacht, in ein 'Remisendspiel' abzutauschen, das Hort mit seiner Technik natürlich gewann ...
Colorado77 - 26. Jun '15
Sehr schöne Partie!
Turmendspiele einfach Merksatz beachten: Immer hinter die Freibauern, eigene wie gegnerische. Das spart Zeit und Berechnung ;-)
Turmendspiele einfach Merksatz beachten: Immer hinter die Freibauern, eigene wie gegnerische. Das spart Zeit und Berechnung ;-)
Vabanque - 26. Jun '15
Dieser Lehrsatz (der übrigens von Tarrasch stammt) war SF Executor sicher bekannt :)
Executor - 26. Jun '15
Er war mir bekannt, aber Ihr kennt das ja: Es ist ein Unterschied zwischen etwas zu wissen (knowledge) und das Wissen dann auch anzuwenden (skill).
Ja, Nunn hat mit 15 sein Studium in Oxford angefangen - jüngster Student dort seit über 500 Jahren, jedoch hat er immer gesagt er sei nur in einem bestimmten Feld gut und kein wirkliches Wunderkind.
Die 2600 sind offiziell noch aktiv (es wurden letztes Jahr gewertete Partien gespielt), jedoch ist er praktisch seit 2004 inaktiv - ich glaube auch nciht dass er die noch aktuell hat, auch wenn er ein guter Autor und bestimmt auch Trainer ist. In Realität sieht erübrigens wesentlich fitter aus als auf den Bildern die man bekommt sofern man Ihn googlet.
Etwas Glück war schon dabei, bzw. im Simultan kommt seine Stärke nicht zum tragen, aber geschenkt war das Remis auch nicht.
Ja, Nunn hat mit 15 sein Studium in Oxford angefangen - jüngster Student dort seit über 500 Jahren, jedoch hat er immer gesagt er sei nur in einem bestimmten Feld gut und kein wirkliches Wunderkind.
Die 2600 sind offiziell noch aktiv (es wurden letztes Jahr gewertete Partien gespielt), jedoch ist er praktisch seit 2004 inaktiv - ich glaube auch nciht dass er die noch aktuell hat, auch wenn er ein guter Autor und bestimmt auch Trainer ist. In Realität sieht erübrigens wesentlich fitter aus als auf den Bildern die man bekommt sofern man Ihn googlet.
Etwas Glück war schon dabei, bzw. im Simultan kommt seine Stärke nicht zum tragen, aber geschenkt war das Remis auch nicht.
Vabanque - 27. Jun '15
Das 'Glück' in solchen Fällen besteht darin, in eine Position zu geraten, in der man die guten Züge findet!
Auch wenn Nunn 10 Jahre lang nicht gespielt hat, 'verlernt' hat er Schach sicher nicht. Hat nicht auch Maroczy 10 Jahre lang kein Turnierschach gespielt (ich müsste nachsehen), und ist dann wieder auf höchster Ebene eingestiegen, obwohl er gar nicht mehr der Jüngste war? Das könnte Nunn auch schaffen, wenn er wollte. Man verlernt Schach nicht, auch wenn natürlich die Übung fehlt und man an die alte Stärke nicht ganz anknüpfen kann ... aber beinahe.
Auch wenn Nunn 10 Jahre lang nicht gespielt hat, 'verlernt' hat er Schach sicher nicht. Hat nicht auch Maroczy 10 Jahre lang kein Turnierschach gespielt (ich müsste nachsehen), und ist dann wieder auf höchster Ebene eingestiegen, obwohl er gar nicht mehr der Jüngste war? Das könnte Nunn auch schaffen, wenn er wollte. Man verlernt Schach nicht, auch wenn natürlich die Übung fehlt und man an die alte Stärke nicht ganz anknüpfen kann ... aber beinahe.