Kommentierte Spiele
Rapport zum zweiten ;-)
pirc_ - 20. Sep '16
Ich hatte hier schon mal eine Partie vom GM Richard Rapport, dessen Spiele ich sehr mag, da er oft durch spektakuläre Opfer gewinnt und auch mal andere Pfade geht, als der Rest der Weltspitze, vor allem bei seiner Eröffnungswahl. Hier besiegt er im Alter von 15 Jahren den GM Davor Rogic, indem er am Ende mit 2 Türmen weniger ein schönes Mattnetz aufgebaut hat. Entgegen meiner Angewohnheit, nur Spiele bis zu etwa 20 Zügen hier rein zustellen, da ich die langen Dinger nicht verstehe, habe ich dennoch diese Partie ausgesucht. Das, was ich an ihr verstehe, finde ich einfach genial. Das, was ich nicht verstehe, kann gerne in den Kommentaren diskutiert werden ;-)































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Rapport, Richard Rogic, Davor 2010 | D16 | 1:0
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4
3
2








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1

b

c

d

e

f

g

h

1. d4 d5 2. c4 c6 die slavische Eröffnung, die heutzutage sehr beliebt unter den Top-GMs ist 3. Sf3 Sf6 4. Sc3 xc4 schwarz erhält einen Bauern, den er aber später gerne wieder zurück gibt...die Stellung ist absolut ausgeglichen und schon 10000 fach gespielt 5. a4 Sa6 6. e4 Lg4 7. Lxc4 Weiss hat nun den Bauern zurück...bis hierhin keine überraschenden Züge Lxf3 8. xf3 ein Zug den ich als mittelmässiger Spieler eher nicht gemacht hätte. Der König steht nun offen und die Bauernstruktur ist geschwächt. Allerdings bekommt der Turm die offen g-Linie, was viel wert ist, wie man später noch sieht. Dennoch hätte ich sicher Dxf3 vorgezogen. e6 9. O-O solider wäre Le3 gewesen..aber Rapport greift lieber an, statt sich solide aufzubauen...und kann nach Kh1 irgendwann Tg1 folgen Sb4 zu dieser Stellung gab es tatsächlich noch Spiele in der Datenbank...wunder oh wunder 10. Le3 Da5 11. Kh1 Le7 12. Tg1 Nigel Short sagte einmal: Das moderne Schach beschäftigt sich zu sehr mit Bauernstrukturen, vergiss es, Matt beendet das Spiel....das muss der kleine Richard wohl auch gelesen haben. In vielen seiner Spiele greift er mit g4 an, da dieser ja nun auf f3 steht kommt halt der Turm auf die Linie g6 und Rogic stoppt ihn vorerst einfach mal 13. Tc1 a6 auch an dieser Stelle hätte ich anders gespielt und den König mit O-O-O einfach mal aus dem Angriff genommen...aber ich bin ja auch kein GM...zwinker 14. Db3 Td8 15. f4 nun beginnen die Figuren Richtung König zu wandern O-O und Rogic rochierd mitten in den Angriff...aber die Stellung ist nach wie vor im Gleichgewicht und direkte Drohungen sind nicht zu erkennen 16. Tg5 ich kann hier nur vermuten, dass Rapport die Türme verdoppeln wollte....ohne Fritz verstehe ich leider nicht alles, was die guten Jungs so ziehen b5 Rogic lässt sich nicht beirren, da sein König ja recht sicher steht und sucht Gegenspiel am Damenflügel 17. xb5 xb5 18. Lxe6 Vernünftigerweise wäre hier der Rückzug des Läufers nach e2 gewesen, aber Rapport zieht sich nicht so gern zurück...also opfert er einfach seinen Läufer xe6 19. f5 der Bauer kann nicht genommen werden, da der König dann im Schach stände. Sfd5 Rogic gibt einfach die Figur zurück um den Königsangriff abzuwehren 20. xd5 xd5 21. xg6 die Attacke geht weiter....einfach mal einen Turm für nen Angriff geben Lxg5 22. Lxg5 Sd3 nun will Rogic auch den zweiten Turm haben und so ein sicher das Endspiel gewinnen 23. Sxd5 Sxc1 und der kleine Richard gibt ihn gern, um weiter am König zu nagen...was sind schon Türme in der Weite des Universums 24. Se7+ Kg7 25. De6 die Dame will Rapport nicht auch noch geben, die braucht er dann doch noch zum Matt setzen b4 der entscheidende Fehler der Partie...mit Dc7 hätte schwarz den Angriff pariert und immerhin 2 Türme mehr gehabt...aber nun geht er unter 26. d5 Der Gewinnzug!!! Schwarz kann ziehen was er will...es gibt keine Rettung mehr Sd3 27. Lh6 Kxh6 der König muss nehmen sonst ist g7 matt 28. xh7 Kg5 falls Kxh7 kommt Dg6+ Kh8 Dh6 matt 29. Dg6+ eine schöne Endstellung. Die 2 Türme helfen Rogic nichts gegen das matt. Beispielsweise Kh4 h8D Txh8 Sf5+ Kh3 Dg3 matt
Vabanque - 20. Sep '16
Ein äußerst verblüffender Schluss ... von 27. Lh6+ an verstehe ich die Partie sogar ;)
Hübsch ist auch das Matt nach 29... Kf4, nämlich Dg3+ nebst De3# mit vollkommen reiner Mattstellung.
Irgendwie fällt es mir aber schwer zu glauben, dass die ganze Opferorgie wirklich korrekt gewesen sein soll ... aber ich habe jetzt nicht weiter analysiert.
Das ist halt das Vorrecht der Jugend, solche Partien zu spielen. Jetzt, wo Rapport sich gegen die Weltelite beweisen muss, spielt er sicher auch technische Partien (leider).
Die frühen Partien von Carlsen oder Karjakin sahen auch so aus - und jetzt ist Carlsen der König des technischen Endspiels (was ja auch seine Reize hat, aber viel schwerer zu verstehen und zu würdigen ist).
Wenn Rapport mal ganz an der Spitze mithalten will, wird er leider technisches Schach spielen müssen ... er hätte mindestens 50 Jahre früher geboren sein müssen, um mit so einem Stil sein Leben lang durchzukommen.
Hübsch ist auch das Matt nach 29... Kf4, nämlich Dg3+ nebst De3# mit vollkommen reiner Mattstellung.
Irgendwie fällt es mir aber schwer zu glauben, dass die ganze Opferorgie wirklich korrekt gewesen sein soll ... aber ich habe jetzt nicht weiter analysiert.
Das ist halt das Vorrecht der Jugend, solche Partien zu spielen. Jetzt, wo Rapport sich gegen die Weltelite beweisen muss, spielt er sicher auch technische Partien (leider).
Die frühen Partien von Carlsen oder Karjakin sahen auch so aus - und jetzt ist Carlsen der König des technischen Endspiels (was ja auch seine Reize hat, aber viel schwerer zu verstehen und zu würdigen ist).
Wenn Rapport mal ganz an der Spitze mithalten will, wird er leider technisches Schach spielen müssen ... er hätte mindestens 50 Jahre früher geboren sein müssen, um mit so einem Stil sein Leben lang durchzukommen.
pirc_ - 20. Sep '16
Rapport spielt auch technisches Schach, aber er spielt nach wie vor solche Angriffspartien. Ich hab da noch welche aus den letzten Jahren, die ich aber nicht verstehe.
Er ist auch einer der wenigen, wenn nicht sogar der einzige Top 20 Spieler, der jede Art von Eröffnungen spielt. Dinge wie Berliner Mauer, Sizilianisch Naidorf oder Slavisch, wo sich die Weltelite bis zum 25 Zug kaum Neuerungen gönnt und eine hohe Anzahl an Remis rauskommt macht er selten. Bei Rapport kommt öfters Larsen, Königsgambit oder ähnliches aufs Brett. Er hat einen schönen Schwarzsieg gegen Navara mit der Aljechin-Verteidigung, die irgendwie keiner mehr spielt. Und letztes Jahr hat er die Bundesliga an Brett 1 mit 1.e4 c5 2. Sa3 begonnen.....und gewonnen...also irgendwie ein "etwas anderer" Spieler.
Er ist im Moment 21 und sagt von sich selbst, dass er den Nachteil hat keinen Sponsor oder Trainer zu haben, wie die anderen Topspieler....wir werden sehen was aus ihm wird....ich fände es einfach spannender wenn mal so jemand um die WM spielt, als Leute die mit ihren ewigen aus analysierten Varianten auf kleine Vorteile hoffen und diese dann in starker Manier zum Sieg bringen.
Er ist auch einer der wenigen, wenn nicht sogar der einzige Top 20 Spieler, der jede Art von Eröffnungen spielt. Dinge wie Berliner Mauer, Sizilianisch Naidorf oder Slavisch, wo sich die Weltelite bis zum 25 Zug kaum Neuerungen gönnt und eine hohe Anzahl an Remis rauskommt macht er selten. Bei Rapport kommt öfters Larsen, Königsgambit oder ähnliches aufs Brett. Er hat einen schönen Schwarzsieg gegen Navara mit der Aljechin-Verteidigung, die irgendwie keiner mehr spielt. Und letztes Jahr hat er die Bundesliga an Brett 1 mit 1.e4 c5 2. Sa3 begonnen.....und gewonnen...also irgendwie ein "etwas anderer" Spieler.
Er ist im Moment 21 und sagt von sich selbst, dass er den Nachteil hat keinen Sponsor oder Trainer zu haben, wie die anderen Topspieler....wir werden sehen was aus ihm wird....ich fände es einfach spannender wenn mal so jemand um die WM spielt, als Leute die mit ihren ewigen aus analysierten Varianten auf kleine Vorteile hoffen und diese dann in starker Manier zum Sieg bringen.
Vabanque - 20. Sep '16
Es wäre sicherlich nicht schlecht, wenn man wieder jemand käme wie seinerzeit der junge Tal, der das ganze etablierte Schach in Frage stellt ... evtl. könnte Rapport ja dieser Mann sein? Nur der jüngste Weltmeister kann er nicht mehr werden, da läuft ihm die Zeit davon :)
Kellerdrache - 21. Sep '16
Ich habe mich beim Nachspielen von modernen Großmeisterpartien schon oft über das eigentlich doch sehr enge Eröffnungsrepertoire gewundert. Der Anteil der großen Drei (Damengambit, Sizilianisch und Spanisch) an den in den Top 100 gespielten Partien ist schon recht extrem. Sind denn die anderen Eröffnungen wie Caro-Kann und Französisch oder die ganzen Inder soviel schlechter oder laufen die Herren GMs da auch einfach der Mode nach und kopieren den Weltmeister.
Immer häufiger dieselben Eröffnungen bedeutet ja leider auch immer häufiger ähnliche Stellungen. Allein deswegen ist man dankbar für Leute wie Rapport oder Morozewitsch die da mal etwas phantasievoller sind.
Immer häufiger dieselben Eröffnungen bedeutet ja leider auch immer häufiger ähnliche Stellungen. Allein deswegen ist man dankbar für Leute wie Rapport oder Morozewitsch die da mal etwas phantasievoller sind.
pirc_ - 21. Sep '16
Das ist was ich meine....die spielen eine Handvoll aus analysierter Sachen und der Rest kommt kaum vor. Ich hab ja die Schacholympiade verfolgt, und da haben die Moderatoren darauf hingewiesen, dass im Moment Italienisch in Mode gekommen ist und es viele spiele. Die Leute, die ganz andere Wege gehen haben meiner Meinung nach immer das Überraschungsmoment auf ihrer Seite. Ich habe auch dem IM C. Sielecki genau diese Frage bei seinem letzten Online-Blitz gestellt, der mir sagte, die anderen Eröffnungen (wie zb. Larsen 1.b3) seien natürlich durchaus spielbar. Sie werden aber eher vermieden, weil man sie nur spielen sollte, wenn man sich da wohlfühlt, was die Weltelite wohl nicht tut, aber Rapport sagt von sich er fühlt sich in allen Eröffnungen wohl :-))
Jemand wie Rapport wird allerdings meiner Meinung nach leider nie um die WM spielen, weil er durch seinen gnadenlosen Angriffsstil leider auch öfters verliert, was ihn von Tal unterscheidet ;-)
Übrigens: Bei der Schacholympiade war an den Spitzenbrettern ein "junger begabter Nachwuchsspieler" aus Russland namens Vladimir Kramnik, 41, am erfolgreichsten...nun Nr. 2 der Welt mit 2817...das wird wohl auch nicht dazu führen, dass man mehr wagt in der Eröffnung ;-)
Jemand wie Rapport wird allerdings meiner Meinung nach leider nie um die WM spielen, weil er durch seinen gnadenlosen Angriffsstil leider auch öfters verliert, was ihn von Tal unterscheidet ;-)
Übrigens: Bei der Schacholympiade war an den Spitzenbrettern ein "junger begabter Nachwuchsspieler" aus Russland namens Vladimir Kramnik, 41, am erfolgreichsten...nun Nr. 2 der Welt mit 2817...das wird wohl auch nicht dazu führen, dass man mehr wagt in der Eröffnung ;-)