Kommentierte Spiele
Die Vergessenen (X): Adorjan
Kellerdrache - 16. Jan '17
In den 70er und 80er Jahren betrat eine Gruppe ungarischer Schachspieler die internationalen Turniersäle. Einer der interessantesten dieser Spieler war Andras Adorjan, der seinen Namen mit einem bekannten klassischen Flötisten teilt. Er gewann einige namhafte Turniere, schrieb eine Reihe von Büchern von denen später die Rede ist und nahm sogar an den Kandidatenwettkämpfen für die Weltmeisterschaft teil. Er spielt auch heute noch Schach, wenn auch seltener und auf niedrigerem Niveau und ist ein bekannter Schiedrichter.
Adorjan schrieb eine Reihe von Büchern in denen er Wege aufzeigte mit den schwarzen Steinen nicht auf Ausgleich sondern auf Gewinn zu spielen. Dort vorgestellte Partien sind streng aus schwarzer Sicht kommentiert, selbst die Diagramme sind gedreht. Dabei sind sie in einem sowohl amüsanten als auch lehrreichen Stil geschrieben, sodaß cih sie jedem empfehlen kann.
Die nachfolgende Partie zeigt, dass Adorjan eine aggressive Spielweise als Schwarzer nicht nur predigte sondern auch auf dem Brett umsetzte. Wem die Partie gefällt und wer noch nicht genug vom Ungarn hat den kann ich noch auf ein Youtube-Video von Kingscrusher zu einer Partie gegen Miles hinweisen.































PGN anzeigen
Adorjan schrieb eine Reihe von Büchern in denen er Wege aufzeigte mit den schwarzen Steinen nicht auf Ausgleich sondern auf Gewinn zu spielen. Dort vorgestellte Partien sind streng aus schwarzer Sicht kommentiert, selbst die Diagramme sind gedreht. Dabei sind sie in einem sowohl amüsanten als auch lehrreichen Stil geschrieben, sodaß cih sie jedem empfehlen kann.
Die nachfolgende Partie zeigt, dass Adorjan eine aggressive Spielweise als Schwarzer nicht nur predigte sondern auch auf dem Brett umsetzte. Wem die Partie gefällt und wer noch nicht genug vom Ungarn hat den kann ich noch auf ein Youtube-Video von Kingscrusher zu einer Partie gegen Miles hinweisen.
John Nunn Andras Adorjan London | London ENG | 7 | 1975.08.24 | B09 | 0:1
8








7








6
5
4
3
2








a
1

b

c

d

e

f

g

h

B09: Pirc-Ufimzew-Verteidigung (Dreibauernangriff) 1. e4 g6 2. d4 Lg7 3. Sc3 d6 4. f4 Sf6 5. Sf3 Die Pirc-Ufimzew-Verteidigung. Auf den ersten Blick mag sie so ein wenig nach einem Königsindisch gegen 1.e4 aussehen, aber die Mittelspiele, die aus diesen Eröffnungen entstehen unterscheiden sich doch stark. In der vorliegenden Eröffnung hat man wesentlich seltener ein blockiertes Zentrum wie im Königsinder. O-O 6. Le3 Das sieht naheliegend aus, gilt aber als nicht so gut, da der Le3 mit Sg4 belästigt werden kann. Suetin schreibt in seinem Buch aus dem Sport-Verlag: "Für den Nachziehenden ist der Tausch des schwarzfeldrigen Läufers gegen einen Springer fast immer vorteilhaft, selbst wenn das mit einer Schwächung der Bauernstellung verbunden ist." Sa6 Üblicher ist sicher Sc6, aber Adorjan möchte sch die Möglichkeit offenhalten das Zentrum mit c5 anzugreifen. 7. h3 Um das thematische Sg4 zu verhindern. c5 8. e5 Es ist durchaus riskant mit den Kampfhandlungen zu beginnen bevor die Entwicklung abgeschlossen ist. Vor allem bevor der König in Sicherheit gebracht wurde. Sh5 Sd7 sieht auf den ersten Blick logischer aus, da es den Druck auf e5 erhöht, doch es blockiert auch die weißfeldrige Diagonale h3-c8. Von h5 aus kann der Springer z.B. mit Sh5-g3-f4 lästig werden. 9. Lxa6 xa6 Doppelbauer schön und gut, aber war es wirklich gut den Läufer gegen einen abseitsstehenden Springer zu tauschen ? Nicht jeder würde diese Stellung gerne mit Schwarz spielen. Ein häßlicher Doppelbauer auf der a-Linie, der verbleibende Springer am Rand und weißer Raumvorteil ergibt kein einladendes Bild. Allerdings ist Nunn in seiner Entwicklung hinterher. Dies ist zwar keine offene Stellung und von daher ist ein wenig Trödelei vielleicht verzeihbar, doch wenn sich die Linien und Diagonalen öffnen kann es schnell Ärger geben. 10. g4 Nunn kippt einen Liter Öl ins Feuer. Viele Möglichkeiten hat der Springer auf h5 ja nicht. Nach der Flucht auf das einzige Feld g3 kommt Tg1 und es ist keine Zukunft für das arme Pferdchen zu sehen. Doch mit dem eigenen König in der Mitte ist dieses Spiel riskant. Schwarz kommt auf der langen Diagonale h1-a8 schnell zu Gegenspiel. xd4 11. Dxd4 Lb7 Im Schachtraining für Anfänger wurde uns damals beigebracht, dass man auf eine angegriffene Figur auf drei Arten reagieren kann. Decken, was hier nicht geht weil der Springer mehr wert ist als der Bauer, wegziehen wenn man denn Felder hat oder einen gleichwertigen bzw. stärkeren Gegenangriff. Das Letztere hat Adorjan mit seinen beiden Zügen getan. 12. Kf2 Sxf4 ein unvermeidliches Opfer. Da das Pferdchen ohnehin nicht mehr zu retten war sucht es sich einen Platz zum Sterben aus, der etwas nutzt. Wenn das aber das Beste ist was Schwarz hat, hat der Ungar seine Eröffnung in den Sand gesetzt ? Wie sieht es mit Kompensation für den geopferten Springer aus ? Die weiße Rochade ist futsch, die Königsstellung zugig und vom stolzen Bauernzentrum ist nicht mehr viel übrig. 13. Lxf4 g5 Adorjan opfert kurzzeitig noch einen Bauern um das Zentrum mit Tempogewinn angreifen zu können 14. Sxg5 f6 Schlägt der Bauer jetzt auf f6 öffnet sich die f-Linie in der der weiße König steht. Außerdem bekommt Schwarz nach 15...Lxf6 nicht nur die Zentrumskontrolle sondern auch einen starken Königsangriff geschenkt. 15. Se6 xe5 16. Dc4 eine sehr scharfe Stellung. Weiß droht nicht nur die Qualität zu gewinnen sondern auch diverse Abzugsschachs über g5 oder c7. Doch Adorjan behält die Nerven und sucht sein Heil nicht in Schadensbegrenzung sondern im Gegenangriff. Die mehr als luftige Stellung des nunnschen Königs kommt ihm entgegen. Auch dessen Dame steht nicht gerade sicher Db6+ 17. Ke2 Le3 ging ja wegen der Fesselung auf der f-Linie nicht Tac8 Präzise und nervenstark. Schwarz unterdrückt den Reflex seinen angegriffenen f-Turm zu retten. 18. Dd3 xf4 19. Sxf8 Txf8 Materiell mag alles ausgeglichen sein, doch Schwarz steht deutlich aktiver und sein König viel sicherer. Vor allem das Läuferpaar dominiert das Brett 20. Sd5 Dxb2 21. Sxe7+ Kh8 22. The1 f3+ 23. Kf1 f2 24. Teb1 Weiß hätte sowieso bald aufgeben können De5 Schwarz droht entscheidend über h2 mit der Dame einzudringen 25. Sf5 dieser Zug unterbricht zum einen die f-Linie und nimmt dadurch dem f2 die Deckung, zum anderen aber erlaubt er auf Dh2 die Antwort Dg3 Le4 26. Dxd6 ein etwas optimistischer Bauernraub. Mein alter Freund Fritz empfiehlt stattdessen Dc3 27. Dg3 Dc4+ 28. Kxf2 Ld4+ der König kommt nicht mehr zur Ruhe und Nunn hätte getrost aufgeben können 29. Ke1 Lxf5 30. xf5 Te8+
Vabanque - 16. Jan '17
Na, da wurde Nunn ja regelrecht überfahren ... selten so eine schwache Partie von ihm gesehen (gut, sein Verlust in 17 Zügen gegen Kasparov war auch nicht übel). Aber vielleicht kommt mir das weiße Spiel bloß deswegen so schwach vor, weil Adorjan das so präzise ausgenutzt hat? Wie auch immer, ich kannte die Partie nicht, eigentlich kenne ich überhaupt keine von Adorjan, und so wusste ich auch nicht, dass er so ein scharfer Angriffsspieler war. Aber vielleicht scheint dies ja auch nur so? Nach einer einzigen Partie kann man keinen Spieler beurteilen.
pirc_ - 16. Jan '17
Man sollet hier auf jeden Fall erwähnen, dass John Nunn als DER Experte für jeden pirc-Spieler gilt. Seine Bücher:
"Complete Pirc" oder "New ideas of the pirc defense"
zählen/zählten zu den Standartwerken dieser Verteidigung.
"Complete Pirc" oder "New ideas of the pirc defense"
zählen/zählten zu den Standartwerken dieser Verteidigung.
Vabanque - 16. Jan '17
Dann ist es umso erstaunlicher, dass er hier mit Weiß dermaßen baden geht.
pirc_ - 16. Jan '17
Das wollte ich damit sagen ;-)
Vabanque - 16. Jan '17
Tja, Theorie und Praxis halt ;)
Kellerdrache - 17. Jan '17
Man darf nicht vergessen, dass die Partie bereits 1975 gespielt wurde. Vermutlich bevor Nunn sich ausführlich mit Pirc beschäftigt hat. Vielleicht war die vorliegende Tracht Prügel ja die Motivation dafür.
Mich hat allerdings auch überrascht wie sehr er hier die Königssicherheit vernachlässigt hat. Ein Zug wie g4 sieht nach Computerschach der ersten Generation aus wo nur Material gezählt wurde.
Pirc selber hat übrigens zwar viel zur Theorie der Eröffnung beigetragen sie in der Praxis aber gar nicht mal so häufig gespielt.
Mich hat allerdings auch überrascht wie sehr er hier die Königssicherheit vernachlässigt hat. Ein Zug wie g4 sieht nach Computerschach der ersten Generation aus wo nur Material gezählt wurde.
Pirc selber hat übrigens zwar viel zur Theorie der Eröffnung beigetragen sie in der Praxis aber gar nicht mal so häufig gespielt.
pirc_ - 17. Jan '17
Ja stimmt: "New ideas..." ist von 1993...das "Complete Pirc"-Buch finde ich nicht, aber sicher auch nach 1975 ;-)
Vabanque - 17. Jan '17
1975 warst du halt noch nicht vollständig ;)
Beule - 17. Jan '17
pirc_ - 17. Jan '17
ich hab das buch irgendwem geliehen und komme nicht drauf wem...wars vielleicht an dich beule? ;-)
Beule - 17. Jan '17
nee, ich leihe mir bei dir nur einen Gegner, aber keine Bücher :-)
Vabanque - 17. Jan '17
>>ich hab das buch irgendwem geliehen<<
O je! Erstens bist du dann jetzt als pirc_ wirklich 'incomplete', und zweitens bekommt man geliehene Bücher NIE zurück, wie ich aus eigener leidvoller Erfahrung bestätigen kann :(
Allerdings gilt das auch andersrum, ich selber gebe Bücher auch nie zurück ... so das die einzigen Bücher, die ich in meinem Bücherschrank stehen habe, geliehene sind ;)
O je! Erstens bist du dann jetzt als pirc_ wirklich 'incomplete', und zweitens bekommt man geliehene Bücher NIE zurück, wie ich aus eigener leidvoller Erfahrung bestätigen kann :(
Allerdings gilt das auch andersrum, ich selber gebe Bücher auch nie zurück ... so das die einzigen Bücher, die ich in meinem Bücherschrank stehen habe, geliehene sind ;)
pirc_ - 17. Jan '17
Memo an pirc_: nie bücher an Vabanque ausleihen! ;-)
Vabanque - 17. Jan '17
Nee, wirklich nicht ... sonst mache ich gleich wieder ein kommentiertes Spiel aus einem DEINER Bücher :))
Vabanque - 18. Jan '17
Übrigens, @Beule: Du darfst hier ruhig öfters mal was schreiben :))
Beule - 18. Jan '17
in Ordnung.....
"öfters mal was"
.....ist das so okay? ;-))
"öfters mal was"
.....ist das so okay? ;-))