Kommentierte Spiele - Brillante Mattangriffe (XXIII)

Vabanque - 08. Mai '16

Hier zur Ergänzung zur zuvor gebrachten Partie (Subaric-Trifunovic) ein weiteres Beispiel zur Wiener Variante des Damengambits. Die ersten 10 Züge sind identisch zur genannten Partie ('Spekatkuläre Spielzüge III') und werden von mir daher hier nicht mehr kommentiert.
Der Sieger vorliegender Partie, der Wiener IM Hans Müller, war seiner Zeit ein bekannter Theoretiker. Wie auch andere Spieler seiner Zeit (z.B. Keres), erprobte er seine theoretischen Analysen in Fernpartien, was in diesem Fall zu einem spektakulären Schluss mit doppeltem Turmopfer führte.

Hans Mueller NN corr | corr | 1934 | D39 | 1:0

8

7

6

5

4

3

2

a

1

b

c

d

e

f

g

h

1. d4 d5 2. Sf3 Sf6 3. c4 e6 4. Lg5 Lb4+ 5. Sc3 xc4 6. e4 c5 7. Lxc4 xd4 8. Sxd4 Lxc3+ 9. xc3 Da5 10. Lxf6 Dxc3+ 11. Dd2 In der Partie Subaric-Trifunovic spielte Weiß hier Kf1. Beim Kommentieren dachte ich mir noch: 'Weiß kann ja nicht Dd2 spielen, da dies beide Türme verliert.' Vorliegende Partie zeigt aber, was passiert, wenn Schwarz die Türme tatsächlich nimmt ... Dxa1+? Er musste die Damen tauschen und anschließend gxf6 spielen, was ihm eine annehmbare Stellung verschafft hätte. Weiß hätte allerdings gute Kompensation für den Minusbauern gehabt. 12. Ke2 Dxh1 Nach diesen zwei fetten Bissen liegt die schwarze Dame schwer atmend in der Ecke und verdaut erstmal. Dabei wird es allerdings für den Rest der Partie auch bleiben. 13. Sxe6!! Sehr hübsch! Der Weg zum Mattfeld d8 wird freigelegt. Schlägt Schwarz den Läufer, so erfolgt sofort Dd8#. Nimmt Schwarz jedoch den Springer mit dem Bauern (damit das Fluchtfeld f7 frei wird), so wird der schwarze König vorher noch auf eine kleine Reise begleitet, wie ich in der Anmerkung zum nächsten Zug zeigen werde. Sd7

xe6 14. Dd8+ Kf7 15. De7+ Kg6 16. Dxg7+ Kh5 17. Dg5#

Hübsch ist auch Ld7 14. Sc7+ Kf8 15. Dd6+ Kg8 16. Lxf7+! Kxf7 17. De7+ mit derselben Mattführung wie vor.

Einzig Sc6 leistete noch Widerstand. Aber nach 14. Sxg7+ Kf8 15. Dd6+ Kg8 16. Dg3!

und bitte ja nicht 17. Dc7?? Lg4+! mit einem Revival-Konzert für die schwarze Queen, wonach Schwarz gar noch gewinnt!

Kf8 17. Sf5! jetzt ist der schwarze Läufer ausgesperrt Tg8 und jetzt erst 18. Dc7 wäre es auch aus gewesen. Weiß hätte diese Zugfolge aber erst einmal finden müssen. Nach dem Textzug gibt es ein rasches Ende.

14. Sxg7+ Kf8 15. Dd5 Anders als in den Varianten mit 13... Ld7 oder gar 13... Sc6 sind hier keine Finessen erforderlich. Die brutale Mattdrohung auf f7 lässt sich auf keine Weise abwehren; Schwarz musste aufgeben. Man beachte die hilflose Lage der schwarzen Figuren.

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KroMax - 08. Mai '16

Ich bin begeistert Vabanque. Danke dir.
Beste Grüße

cutter - 08. Mai '16

Super!
Hab das glaube ich schon mal in einem alten Schachbüchlein gesehen - oder Tarrasch hatte es zitiert.
Schon klasse, wie gut man bereits zu Beginn des Mittelspiels ohne 2 Türme vorwärts kommen kann...

Vabanque - 08. Mai '16

Kellerdrache (wo ist er eigentlich?) hatte vor nicht allzu langer Zeit eine ähnliche Partie mit doppeltem Turmopfer gebracht, vielleicht meinst du die?
Aber es gibt ziemlich viele ähnliche Partien mit diesem Motiv.
Ich könnte direkt daraus eine Serie machen: Das doppelte Turmopfer :)

Kellerdrache - 09. Mai '16

Sehr knackig. Klar war Dxa1 ein Fehler, aber wer von uns hätte denn auf die Chance verzichtet zwei volle Türme zu fressen ? Auf die Gier des Menschen ist halt Verlaß. Erstaunlich wie schnell dann das Ende kommt. Es gibt erstaunlich viele doppelte Turmopfer - das bekannteste von Herrn Anderssen, wenn ich mich nicht irre.
Es freut mich übrigens vermisst worden zu sein. Ursache war übrigens nur der Jahresurlaub. Ich habe zwar weiter gespielt aber sonst nicht soviel Zeit am PC verbracht.