Kommentierte Spiele
Nochmal Caro-Kann mit 5 ... exf6 - Glanzpartie mit Schwarz!
Vabanque - 11. Apr '16
Angesichts der Partie Khalifman-Seirawan konnte leicht der Eindruck entstehen, dass die Variante in Caro-Kann mit 4... Sf6 und 5... exf6 überhaupt nichts taugt. Dass dieses Urteil so generell nicht stehen bleiben kann, zeigt die folgende schöne Partie, die der tschechische GM Lechtynsky (dem ich auch schon mal eine Folge meiner Reihe 'Glanzpartien unbekannter Spieler' gewidmet hatte) gegen den polnischen IM Sznapik (der sich übrigens sehr frühzeitig vom Schach zurückgezogen hat) spielte. In dieser Partie kommt die Idee, die Schwarz mit der genannten Variante verfolgt, nämlich freies Figurenspiel zu erhalten, sehr instruktiv zur Geltung. Weiß kann hier mit seiner optisch so guten Stellung rein gar nichts anfangen und verspeist dann auch noch einen vergifteten Bauern, was zu einer spektakulären Grundreihenkombination führt.































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Aleksander Sznapik Jiri Lechtynsky Decin | Decin | 4 | 1979 | B15 | 0:1
8








7








6
5
4
3
2








a
1

b

c

d

e

f

g

h

1. e4 c6 2. d4 d5 3. Sc3 xe4 4. Sxe4 Sf6 5. Sxf6+ xf6 6. Lc4 Khalifman spielte c3 nebst Ld3; aber es kann kaum am Textzug liegen, dass Weiß in dieser Partie so schlecht aussieht. De7+ Ein interessanter Zug, auf den ich hier sicher nicht gekommen wäre, der aber gleichzeitig eine hundsgemeine Falle beinhaltet, falls Weiß zu schnell und unüberlegt antworten sollte. Üblich ist Ld6. 7. De2 Le6 Natürlich hat Schwarz kein Interesse am Damentausch; warum das so ist, habe ich in der Partie Khalifman-Seirawan ausführlich erklärt. Der Textzug droht übrigens Figurengewinn, da die De2 wegen der Fesselung ja gar nicht auf c4 zurückschlagen dürfte. 8. Lb3 Vielleicht war Ld3 hier stärker? Aber wer hält es hier schon für möglich, dass Weiß in wenigen Zügen positionell ins Hintertreffen geraten wird? Sa6 Zielt nach b4. 9. Le3 Lxb3 Eigentlich sieht das oberflächlich betrachtet nicht so gut aus, da es dem Weißen zwar einen Doppelbauern verschafft, aber die a-Linie öffnet. 10. xb3 De6 Und jetzt wird sogar mit der Dame nochmal gezogen. Aber erstens muss das sein, damit der Lf8 entwickelt werden kann, zweitens steht die Dame hier gut, und drittens hat Weiß entwicklungsmäßig ja auch noch nicht voll aufgerüstet. 11. Sf3 Ld6 12. O-O O-O 13. Tfd1 Tfe8 14. Dd2 Sb4 Die schwarzen Figuren stehen bereits recht schön. Aber noch dürfte die Stellung als einigermaßen ausgeglichen zu betrachten sein. 15. c4 a5 Wendet sich gegen die weiße Drohung c4-c5 mit Figurengewinn. Ja, man muss eben immer aufpassen! 16. d5 Weiß setzt das strategische Ziel dieser Variante durch: aus der Bauernmajorität am Damenflügel einen zentralen Freibauern zu machen, während Schwarz dies am Königsflügel wegen des Doppelbauern nicht gelingen wird. Aber im Gegensatz zu Partie Khalifman-Seirawan hat hier Schwarz als Kompensation ein schönes Figurenspiel, genau das, was er mit dieser variante anstrebt. xd5 17. xd5 Df5 Der weiße Freibauer ist optimal blockiert, denn wie soll Weiß die Blockadestellung des Ld6 erschüttern? 18. Lb6 Er ist auf etwas Anderes aus! Wie soll Schwarz den Bauern a5 decken? Ta6! Er deckt ihn gar nicht, lautet die Antwort. Hier muss Schwarz schon die hübsche Schlusskombination vorausgesehen haben (sonst hätte er vermutlich Lf4 gespielt, was ebenfalls gut gewesen wäre.) 19. Lxa5? Er ahnt nichts. Oh weh! Er musste wohl oder übel den Läufer zurückziehen, obwohl Schwarz schon stark am Drücker war. Tea8! 20. Lxb4 Weiß vermeinte in seiner Vorausberechnung zwei Figuren für den Ta1 zu bekommen; aber er hatte seine Grundreihenschwäche 'vergessen'. Txa1 21. Lxd6 Txd1+ 22. Dxd1 Dxd5!! Der Knalleffekt! Weiß darf die Dame nicht nehmen wegen Ta1+ nebst Matt; andererseits muss die bedrohte weiße Dame ausweichen, und dann schlägt Schwarz den Ld6 und hat die glatte Qualität mehr inklusive Initiative; das reicht unter Spielern dieser Stärke zum sicheren Sieg. Weiß gab daher auf. Vielleicht etwas frühzeitig, aber sicher nicht unberechtigterweise.
Kellerdrache - 12. Apr '16
Manchmal spielen Großmeister ja Eröffnungen und Varianten die nicht zu ihrem normalen Repertoire gehören um den Gegner zu überraschen oder einfach was auszuprobieren. Ich vermute fast mal, dass war in Seirawans Fall so. Während seine Züge zeigten dass er den zu Grunde liegenden roten Faden der Eröffnung nie gefunden hatte sieht man hier wie sehr es das Schach vereinfachen kann wenn man wirklich weiß wo es lang geht.
Es ist sehr instruktiv wie sich Schwarz ganz ohne Probleme entwickelt und wie der Doppelbauer auf der f-Linie zu keinem Zeitpunkt zum Problem wird. Da möchte man das Ding am liebsten direkt selber mal spielen. Aber Vorsicht! Wir haben in den letzten Partien ja gesehen nicht alles was einfach aussieht ist es auch !
Es ist sehr instruktiv wie sich Schwarz ganz ohne Probleme entwickelt und wie der Doppelbauer auf der f-Linie zu keinem Zeitpunkt zum Problem wird. Da möchte man das Ding am liebsten direkt selber mal spielen. Aber Vorsicht! Wir haben in den letzten Partien ja gesehen nicht alles was einfach aussieht ist es auch !
Vabanque - 12. Apr '16
Jo. Das war quasi der Teil IV der imaginären Serie 'Schach kann so einfach sein' :)
crysi40 - 12. Apr '16
Mich für sehr interessant da ich gerne CARO CAN spiele.
Da die Lehrbücher dieses System als nicht gut spielbar heißen ist dieser Zug De7
ein schöner Zug . Ich persönlich habe früher das System gespielt exSf6 .
Und für meine Verhältnisse gar nicht so schlecht damit abgeschnitten. Stärkere Gegner haben mich aber auseinander genommen.
Da die Lehrbücher dieses System als nicht gut spielbar heißen ist dieser Zug De7
ein schöner Zug . Ich persönlich habe früher das System gespielt exSf6 .
Und für meine Verhältnisse gar nicht so schlecht damit abgeschnitten. Stärkere Gegner haben mich aber auseinander genommen.
Vabanque - 12. Apr '16
Das System mit 6... De7 wurde damals von Lechtynsky ausgearbeitet und, wie man sieht, erfolgreich angewandt, hat aber anscheinend kaum Nachahmer gefunden.